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Aus der Neuen Solidarität Nr. 48/2008

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Vom Automobil zur Magnetbahn

Es ist dringlich, eine Lösung für die akuten Probleme der Autobranche zu finden. Alle bisherigen Vorschläge taugen jedoch nichts, weil sie keine langfristige Perspektive für eine Umstellung der Produktion auf ganz neue Fertigungsbereiche bieten.

Mit der akuten Krise bei Opel ist schlagartig klargeworden, daß die Weltfinanzkrise die Realwirtschaft erreicht hat und mit dem Automobilsektor ein Kernstück der Industrie in ihrem Bestand bedroht ist. In Deutschland sind 1,5 Millionen Arbeitnehmer direkt in der Autobranche oder im angelagerten Kfz-Gewerbe beschäftigt, in der EU sind es 10 Millionen. Allein in Deutschland dürften also, rechnet man die Familien der Arbeitnehmer hinzu, etwa 4 Millionen Menschen vom Wohlergehen der Autoindustrie abhängen.

Es ist daher dringlich, eine Lösung für die akuten Probleme der Branche zu finden, deren Hauptproduzenten längst verlängerte Weihnachtspausen, Produktionseinschränkungen um 10 oder mehr Prozent, Kurzarbeit, Senkungen der Wochenarbeitszeit auf 30 Stunden und sogar Entlassungen beschlossen haben und in ein „dunkles Jahr 2009“ blicken. Allein in Frankreich stehen schon 1 Million Neuwagen auf Halde, und der drastische Rückgang bei den Neuzulassungen in der EU um 14,5 Prozent im Oktober hat schwarze Wolken am Autohorizont aufziehen lassen. Auch die Rückgänge der Autoverkäufe in den USA im dritten Quartal und im Oktober haben tiefe rote Spuren in den Bilanzen der deutschen und anderen europäischen Hersteller hinterlassen. Zu den betroffenen Zulieferern, meistens kleine und mittelgroße Firmen, gehören aber auch ganz große Unternehmen wie BASF (Lacke, Beschichtungen, Kunststoffe), die von der abrupten Kündigung von Aufträgen aus der Autobranche kalt erwischt wurden.

Wie aber kann man der Autoindustrie helfen? Durch Kreditbürgschaften in Höhe von bis zu 1,8 Milliarden Euro, wie sie im Fall Opel von der Bundesregierung erwogen werden, oder durch ein gesamteuropäisches Programm im Umfang von 40 Milliarden Euro, wie es die Regierungen Italiens und Frankreichs vorschlagen? Soll man die Firma Opel, die seit 1929 eine Tochter des amerikanischen Autokonzerns General Motors ist und direkt von dessen drohender Pleite betroffen wäre, verstaatlichen? Soll man die verschiedenen Hersteller zu großen europäischen Gruppen zusammenfassen? Oder soll man, wie radikale Freimarktler fordern, Teile der europäischen Autoindustrie einfach untergehen lassen und den Markt Europa billigeren Produzenten aus Asien überlassen?

Das letztere Argument scheidet von vornherein aus, weil Europa es sich einfach nicht leisten kann, 3 oder 5 Millionen Industriearbeiterjobs zu opfern, außerdem zeigen die drastischen Rückgänge der Verkäufe japanischer und koreanischer Hersteller in Europa, daß auch die Zahl derjenigen Europäer, die sich ein vergleichsweise billigeres Auto aus asiatischer Produktion kaufen würden, in dieser Krise stark zurückgeht, einfach weil die Einkommen unter anderem durch die Inflation stark sinken.

Das heißt aber auch, daß steuerliche Anreize zum Kauf schadstoffärmerer Autos das Problem der Branche nicht lösen, weil Leute, die sich schon keinen Toyota mehr leisten können, auch kaum in der Lage sein werden, sich ein Ökoauto von VW oder Opel zu kaufen. Aus ähnlichen Gründen kann man wohl auch kaum erwarten, daß Millionen Deutsche und Europäer plötzlich ihre bisherigen Autos gegen einen steuerlich begünstigten „Pfefferminzflitzer,“ wie ihn die Öko-Radikalen wie Sigmar Gabriel oder Renate Künast sich vorstellen, eintauschen werden, nur um der Autoindustrie wieder auf die Beine zu helfen.

Eine freimarktliche Lösung des Problems gibt es nicht, sie scheitert schon daran, daß die Autohersteller selbst gar nicht mehr in der Lage sind, den Autokauf auf Raten vorzufinanzieren oder verlockende Rabatte zu gewähren, weil ihre eigenen Finanzabteilungen kein Geld mehr haben. Der Staat muß also eingreifen, aber heißt das gleichzeitig, daß Autofirmen wie Opel verstaatlicht werden müssen?

Das heißt es nicht unbedingt. Viel wichtiger ist, daß die Regierung einen Rahmen schafft, in dem Produktion, Beschäftigung und Finanzierung auf Jahre hinaus verläßlich möglich sind. Abgesehen davon, daß nur ein internationales Abkommen wie ein Neues Bretton Woods den Finanz- und  Währungssektor wieder in kontrollierte und vernünftige Bahnen lenken kann, ist es Sache der staatlichen Verkehrsplanung, sicherzustellen, daß überhaupt Autos als Verkehrsmittel genutzt werden können - nicht zuletzt finanziert die öffentliche Hand den Bau von Straßen, Brücken und  Tunneln. In dichten Siedlungsgebieten bieten sich ohnehin öffentliche Verkehrsmittel an, denn wer will schon, daß sich tagtäglich Hunderttausende von PKWs, LKWs und Bussen durch die Innenstädte wälzen, einen großen Anteil der wertvollen städtischen Grundfläche für den Individualverkehr absorbieren und selbst in der Ökoversion die Luft belasten?

Für den künftigen städtischen und regionalen Verkehr sind halb- oder vollautomatische Systeme denkbar, beispielsweise für geringere Fahrgeschwindigkeiten ausgelegte Varianten des Transrapid. Für den Güterverkehr in und zwischen Städten bieten sich automatische Containertransportsysteme wie der in Bochum entwickelte Cargo-Cap an, eine Art Rohrpostsystem mit Magnetantrieb. Die Technik des Transrapid  läßt vielfältige Anwendungen zu, und der heutige Transrapid selbst ist noch längst nicht das Endprodukt dieser revolutionären Technik.

Hier liegt die Zukunft zumindest eines erheblichen Teils der Autoindustrie, hier liegt auch der Bereich, in dem öffentlich geförderte Forschung und Entwicklung ein breites Aufgabenspektrum hat. Der „Opel-Rapid“ gehört dazu, ein Fahrzeug der Zukunft, das in Rüsselsheim, Bochum oder Eisenach produziert werden könnte, an dessen Design und Entwicklung Ingenieure des großen Opel-Entwicklungszentrums wesentlich mitwirken könnten. Denkbar wäre auch eine Kooperation zwischen Thyssen-Krupp, Siemens und Opel beim Bau von Magnetbahnsystemen, ebenso sind andere Firmenkombinationen möglich. Der Staat wird hierbei nur benötigt als Garantiegeber für langfristige, niedrigverzinste Kredite für die Produktion und für den Bau entsprechender öffentlicher Verkehrssysteme, sowie für Zuschüsse bei Forschung und Entwicklung. Der Staat wird weiterhin benötigt für die Aushandlung internationaler Abkommen mit anderen Regierungen in Europa und Eurasien, beispielsweise für den Bau und Betrieb von Magnetbahntrassen, die alle Teile des Kontinents miteinander verbinden.

Eine ganz andere, sinnvolle Perspektive bietet sich der heutigen Autoindustrie durch  die Anforderungen, die das Vorhaben stellt, bis 2050 die Weltnahrungsproduktion mindestens zu verdoppeln, so daß Hunger ein für allemal verschwindet. Was heißt das beispielsweise für Afrika, das als Erbe des Kolonialismus abgesehen von einigen Küstenregionen kein Verkehrssystem besitzt? Außer Eisenbahnen, Magnetbahnen und Autobahnen braucht Afrika einige zehn Millionen Traktoren, Erntemaschinen, Baufahrzeuge, Lastwagen usw., deren erste Generation bis zum Aufbau einer eigenständigen afrikanischen Fertigung hier in Deutschland und Europa hergestellt werden könnte. Auch hier wäre wiederum ein Opel-Traktor denkbar, ein BMW-Mähdrescher oder auch Koproduktionen zwischen den Landmaschinenherstellern und Autoproduzenten, die wir heute kennen.

Rainer Apel

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