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Aus der Neuen Solidarität Nr. 48/2008

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Der Tsunami kommt auf uns zu

Die Weltwirtschaft stürzt in die Depression, wir brauchen Roosevelts Politik!

Liebe Bürger!

Die allermeisten Menschen spüren, daß die nun seit 15 Monaten eskalierende Finanzkrise und der „plötzliche“ Kollaps der Realwirtschaft nur der Anfang sind. So wie die Dinge liegen, waren dies erst die ersten Sturmwellen - aber die richtig gewaltige Tsunami-Welle kommt erst noch auf uns zu. Die Katastrophe könnte noch abgewendet werden. Aber das würde erfordern, daß die Verantwortlichen in den Regierungen und Finanzinstitutionen ihre Fehler zugeben und kompetente Hilfe akzeptieren würden.

Aber wir haben ein Problem: Diejenigen, die jetzt entschlossene Maßnahmen zur Verteidigung des Gemeinwohls ergreifen sollten, sind immer noch nicht bereit, sich mit den Ursachen der Krise zu konfrontieren. Im Kommunique des Gipfels der G20-Nationen in Washington wird zugegeben, daß man die „Risiken in den Finanzmärkten unterschätzt“ habe. Das aktuelle Jahresgutachten des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Wirtschaft, der sogenannten „fünf Weisen“, spricht nebulös von einer „gesamtwirtschaftlichen Eintrübung“ als Hauptursache für die Krise. „Die Kette des Versagens schließt viele ein“, erklärte Bundespräsident Köhler vor einer Konferenz mit Spitzenbankern in Frankfurt, und da kann man ihm nur zustimmen.

Aber auch Köhlers vielleicht gutgemeinter, aber völlig ineffektiver Appell an die Banker, die in den vergangenen Jahren „viel Geld“ gemacht hätten, doch nun davon etwas für eine „Härtefall-Fonds“ abzugeben, ist nicht gerade eine Krisenbewältigungsstrategie und kostete die Angesprochenen nur ein müdes Lächeln. Aus all diesen Erklärungen wird deutlich, daß die Regierung ebenso wie die sogenannten Experten immer noch nicht in der Lage oder bereit ist, die notwendigen Schritte für die Reorganisation des Finanzsystems zu ergreifen.

In Europa ist der italienische Finanzminister Tremonti der Regierungsvertreter, der den Mut hat, den Finger auf die wunde Stelle zu legen, indem er die Finanzkrise mit einem Videospiel vergleicht, bei dem jedes Mal, wenn man ein Monster erledigt hat, das nächste Monster auf einen zu kommt. Und wenn man sie alle erledigt hätte, dann käme das Super-Monster auf einen zu, und das seien die ausstehenden Derivate.

Genau da liegt der Hase im Pfeffer: Derzeit entsteht Panik, weil die Investoren im November massiv ihre Einlagen bei den Hedgefonds und Finanzinstituten abziehen, was diese wiederum zwingt, alle möglichen Vermögenswerte („assets“) zu verkaufen. Es entwickelt sich ein doppelter Rückkopplungs-Kreislauf: Wegen der sich zuspitzenden Depression fallen die Preise der Vermögenswerte, die größtenteils auf Kredit gekauft worden waren, was die Bilanzen der Banken und Hedgefonds weiter belastet, die daraufhin ihre Kreditvergabe weiter einschränken. Das Hauptproblem sind diese verschiedenen, sich verstärkenden Phasen des „deleveraging“ - der Umkehrung der sog. „Hebelwirkung“ von Krediten - der sogenannten strukturierten Papiere.

Das Volumen dieser ausstehenden Derivatkontrakte wurde von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich Ende 2007 mit 675 Billionen Dollar angegeben, das französische Magazin Marianne nannte kürzlich die Zahl von 1,4 Billiarden, das sind 1.400.000.000.000 Dollar. Es könnte aber sehr wohl mehr sein. Wenn jetzt versucht wird, diesen von den Bankern selbst so bezeichneten „Giftmüll“ zu honorieren, dann hat dies einerseits eine hyperinflationäre Wirkung, weil immer mehr Liquidität gepumpt wird, um virtuelle Werte aufrecht zu erhalten, und gleichzeitig kommt es zur Deflation, weil der Kollaps der Realwirtschaft zu einem Preisverfall führt.

Hier liegt der Grund für den derzeit mit atemberaubender Geschwindigkeit stattfindenden Kollaps der Realwirtschaft - im Autosektor, Stahlindustrie, Petrochemie, Bausektor, Seefracht, etc. etc. Und das geschieht weltweit: die USA stürzen in die Depression, der amerikanische Exportmarkt Chinas kollabiert, die chinesische Wirtschaft bricht ein, China kauft keine Textilmaschinen mehr in Deutschland, der Seehandel kollabiert, weil sich in den vier, fünf Wochen, die ein Schiff von Europa nach Asien braucht, die Bedingungen dramatisch verändert haben, so daß die Kreditbriefe nicht mehr akzeptiert werden, etc. etc. - eine Spirale, die sich nach unten öffnet, bis.....! Ja, bis ein ordentliches Konkursverfahren über das ganze System vorgenommen wird.

Zum Glück gibt es einen historischen Präzedenzfall, wie das Problem gelöst werden kann: Wir brauchen eine neue Finanzarchitektur in der Tradition von Franklin D. Roosevelts Bretton-Woods-System, eine Neues Bretton Woods. Das war die Idee, die Präsident Sarkozy bewegte, als er den Gipfel der G20-Staaten am 15. November in Washington vorschlug, und diese Politik wird von Tremonti täglich vorgeschlagen. Das ist es, was Lyndon LaRouche und ich seit langem, genaugenommen seit Anfang der neunziger Jahre vorschlagen. Wir müssen die Berliner Regierung dazu gewinnen, daß sie dieser Politik zustimmt.

Wir brauchen eine wirkliche neue Bretton-Woods-Konferenz, die ein neues Finanzsystem beschließt, wie Roosevelt es 1944 beabsichtigte, d.h., die Überwindung des Kolonialismus durch eine gerechte neue Weltwirtschafts- und -finanzordnung.

Zweitens brauchen wir einen weltweiten New Deal, um genau so, wie Roosevelt dies in den USA der dreißiger Jahre getan hat, die Depression durch staatliche Kreditschöpfung zu überwinden.

Konkret bedeutet das für Deutschland, daß nach(!) der Reorganisation durch ein neues Bretton-Woods-System ein Investitionsprogramm von rund 200 Milliarden Euro für die Schaffung von produktiver Vollbeschäftigung aufgelegt werden muß, wie die BüSo das seit Jahren fordert (siehe http://www.bueso.de/programm). Wir brauchen den Ausbau der Eurasischen Landbrücke als Kernstück der Rekonstruktion der Weltwirtschaft.

Technisch gesehen, ist eine solche Reorganisation überhaupt kein Problem. Das Problem liegt auf einer anderen Ebene. In den letzten vier Jahrzehnten haben sich Wirtschaft und Moral vollkommen auseinander entwickelt, die ungezügelte Ellbogen-Gesellschaft und persönliche Profitgier haben das Ruder übernommen. Auf der einen Seite völlig überflüssige Luxusgüter, wie zuletzt bei der Einweihung einer künstlich aufgeschütteten Luxusinsel in Dubai, die offensichtlich vor dem Ausbruch der Weltfinanzkrise als Refugium für Superreiche geplant worden war, wo bei der Eröffnungsparty allein das Feuerwerk 20 Millionen Dollar kostete und 1,7 Tonnen Hummer verzehrt wurden, auf der anderen Seite Milliarden von Menschen, die vom Hungertod und brutaler Armut bedroht sind.

Der frühere Papst Johannes Paul II nannte es in seiner Enzyklika Centesimus annus einen „Mißbrauch vor Gott und den Menschen, wenn jemand sein Kapital gegen die Menschen und deren Arbeit richtet“, und das ist zweifelsohne unter dem nun gescheiterten System der Globalisierung geschehen. Wir brauchen ein neues Paradigma, bei dem Wirtschaft und Moral in Übereinstimmung gebracht werden und der Mensch in den Mittelpunkt von Politik und Wirtschaft gestellt wird.

Wollen Sie wirklich den Leuten, die weder die Krise vorhergesehen haben noch bereit sind, sich jetzt mit den wirklichen Ursachen auseinanderzusetzen, die Entscheidung überlassen, wie es weitergehen soll?

Ich schlage vor, daß Sie uns, der BüSo, helfen, die notwendige Mobilisierung in der Bevölkerung in Gang zu bekommen, damit wir ein Neues Bretton-Woods-System und einen New Deal durchsetzen können!

Ihre Helga Zepp-LaRouche

Das BüSo-Flugblatt mit diesem Text finden Sie als Pdf-Datei auf der Internetseite der BüSo, www.bueso.de.

Lesen Sie hierzu bitte auch:
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