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Aus der Neuen Solidarität Nr. 47/2008 |
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Wirtschafts-Nachrichten
Präsident der Dominikanischen Republik fordert Verbot von Termingeschäften
Der Präsident der Dominikanischen Republik, Leonel
Fernandez, forderte in einer Rede beim Biarritz-Forum in Frankreich am 3.
November das Verbot von Spekulationen in Rohstoffen als Kern einer neuen
Finanzordnung. Hunderte von Millionen Menschen und ganze Nationen seien allein
durch die von Spekulationen in Nahrungsmittel- und Erdölpreisen ausgelösten
massiven Preissteigerungen in Hungersnöte, soziale Unruhen und gesteigerte Armut
getrieben worden.
Er beschwerte sich auch darüber, daß unter den gewöhnlich
genannten Gründen für die Preisanstiege bei Nahrungsmitteln und Erdöl kaum die
Spekulation erwähnt wird, und ging dann auf den alltäglichen Wahnsinn der
Spekulanten ein: „In dieser modernen Kasino-Wirtschaft, verkauft jemand ein
Produkt, das er nicht besitzt, an jemanden, der gar nicht erwartet, daß er
dieses Produkt auch erhält. Das ist doch sehr befremdlich und man könnte sogar
sagen, mysteriös. Nichts desto weniger wird auf diese Weise schon seit vielen
Jahren an den Rohstoffbörsen gehandelt.... Und es werden gar nicht mehr reale
Güter gehandelt, sondern nur noch Papiere.“
Die Aufhebung der US-Gesetze, die in den Dreißiger Jahren
verabschiedet wurden, wie das Commodity Exchange Act von 1936 und Franklin
Roosevelts Glass-Steagall-Gesetz (das die strikte Trennung von Geschäfts- und
Investmentbanken vorschrieb), habe zu der momentan bestimmenden Rolle der
Spekulation geführt. Damit hätten die Probleme erst richtig begonnen: Zwischen
2003 und 2008 sei die Menge der Erdöl-Futures (Termingeschäfte) um 425 %
gestiegen (von 714.000 auf 3 Millionen Verträge). Etwas, was er den
„Spekulationsindex“ bei Rohstoff-Termingeschäften nannte, wuchs zur selben Zeit
um 1900 % von 13 auf 260 Mrd. Dollar an. Deshalb setze er sich für das Verbot
von Warentermingeschäften ein.
Anzumerken wäre, daß die jüngsten Preisstürze auf den
Rohstoffmärkten ebenfalls Folge der Spekulationswut sind: Einerseits müssen nun
viele Hedgefonds Kontrakte vorzeitig abwickeln, weil sie an Liquidität kommen
müssen, da viele Geldgeber ihre Einlagen abziehen, und andererseits läßt der
Produktionsstopp in der Automobil- und Stahlbranche die Rohstoffpreise weiter
fallen. Deshalb fordert die BüSo langfristige Verträge für die Nahrungsmittel-
und Rohstoffversorgung, um stabile und gerechte Preise für Produzenten wie
Abnehmer und damit auch die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Italienischer Wirtschaftsminister: Derivate - ein Ponzi-Schema
In einem Interview mit dem Corriere della Sera vom 9.
November, in dem er den gegenwärtigen Zusammenbruch des Weltfinanzsystems als
„wie in einem Videospiel“ beschrieben hatte, ging Wirtschaftsminister Tremonti auf
die darin vorkommenden „Monster“ näher ein - vor allem auf die Derivate: „Es ist,
als wenn man sich in einem Videospiel befindet: Ein Monster kommt, du erledigst
es, und während du Atem holst, kommt ein zweites an. Und ein drittes, das sogar
größer ist, und dann ein viertes. Das erste waren die Hypothekenschulden, und
damit ging man irgendwie um. Nun kommt das zweite Monster, die Kreditkarten,
die in Amerika Schuldenkarten sind, und damit konnte man auch umgehen. Jetzt
nähert sich das dritte Monster, Unternehmenskredite, einschließlich ihrer
fällig werdenden Anleihen. Und im Hintergrund sieht man schon den Schatten des
vierten Monsters - die Derivate… eine abnormale Masse.
Diese Kette der ,Wertschaffung’ basierte auf einer
besonderen Technik und einem fundamentalen Prinzip. Die besondere Technik war,
einem Fonds Kredit zu verschaffen, diesen Kredit weiterzuverkaufen, ihn in ein
Finanzprodukt zu verwandeln, hyperbolisch zu multiplizieren und schließlich auf
dem ,Markt’ zu plazieren, wo er von Banken an Familien [Privatanleger] verkauft
wurde. Dem ganzen lag ein ,Ponzi-Schema’ [Kettenbrief] in seiner moderneren
Version zugrunde, das auf der Annahme basierte, das das alles ewig und
universell so weiterginge.“
Diese Klarheit wäre auch deutschen Politikern zu empfehlen.