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Aus der Neuen Solidarität Nr. 44/2008 |
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Teheraner Konferenz: Dialog einleiten, bevor es zur Katastrophe kommt
„Kürzlich wurde bekannt, daß Israel die USA um Erlaubnis
gebeten hatte, den Iran zu bombardieren, aber auf Ablehnung stieß. Die heutige
Linie von Konflikt und Säbelrasseln ist nicht konstruktiv, und sie kann im
schlimmsten Fall in der Katastrophe enden. Es ist unverzichtbar, einen besseren
Dialog zwischen der islamischen Welt und dem Westen einzuleiten, bevor ein
bewaffneter Konflikt entsteht“, sagte der frühere norwegische
Ministerpräsident, Kjell Magne Bondevik, auf einer wichtigen internationalen
Konferenz zum Thema „Religion in der modernen Welt“, die vom 12.-14. Oktober in
Teheran stattfand.
Veranstalter der Konferenz waren das Osloer Zentrum für
Frieden und Menschenrechte, dessen Präsident Bondevik ist, die Stiftung für
Dialog zwischen Kulturen und Zivilisationen, deren Gründer, der frühere
iranische Präsident Mohammad Chatami, zusammen mit Bondevik den Vorsitz hatte,
und der Madrider Club früher Staats- und Regierungschefs. Etwa 40 führende
Vertreter aus Politik und Geistlichkeit waren anwesend, darunter mehr als ein
halbes Dutzend ehemalige Staatschefs und der frühere UN-Generalsekretär Kofi
Annan.
Der Atomstreit und die Kriegsdrohungen gegen den Iran
standen nicht offiziell auf der Tagesordnung, aber Bondeviks Äußerung, die als
Presseerklärung des Osloer Zentrums erschien, weist darauf hin, daß die
Teilnehmer über diese Gefahr sehr besorgt waren. Sie wollen diplomatische
Fortschritte erreichen, bevor die anglo-amerikanisch-israelische Kriegsfraktion
wieder auf Krieg drängt.
Viele Redner sprachen die weltweiten Nahrungsmittel-,
Energie- und Finanzkrisen an und betonten, die Konferenz müsse sich mit der
wachsenden Armut und mangelnden Versorgung für die Völker der Erde befassen. Zu
den Rednern gehörten neben Annan die frühere irische Präsidentin Mary Robinson,
der frühere portugiesische Präsident Jorge Sampaio sowie die ehemaligen
Ministerpräsidenten Romano Prodi aus Italien, Lionel Jospin aus Frankreich und
Bandaranaike Kumaratunga aus Sri Lanka.
Chatami, der ein hochrangiger schiitischer Geistlicher ist,
behandelte die gemeinsamen Werte der „Gottesreligionen” im Kampf gegen den
„Modernismus“, der seit dem 18. und 19. Jahrhundert Anspruch auf Vorherrschaft
erhebe und zum Nihilismus geführt habe. „Heute, am Beginn des dritten
Jahrtausends, Jahrhunderte nach dem Auftreten des Modernismus, sind diese
Illusion und dieser Optimismus verschwunden, aber es hat die moderne Welt auch
vor viele Unsicherheiten und Gefahren gestellt... Wenn diese Situation sich nicht
ändert, wird das zu Nihilismus führen oder den gegenwärtigen Nihilismus fördern
und intensivieren. Als Folge davon wird die Lebensgrundlage der Menschen in dem
verheerenden Sturm des Nihilismus zusammenbrechen..., und auch alle Überreste
moderner Zivilisation werden verschwinden“, zitierte die Tehran Times Chatami.
eir