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Aus der Neuen Solidarität Nr. 39/2008 |
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Landtagswahl. Bei einer Interview-Sendung zur bayerischen Landtagswahl stellte sich einmal mehr die Frage, welche Partei in Deutschland - außer der BüSo - in der Lage ist, nicht nur die US-Entwicklungen kompetent zu beurteilen, sondern auch die unabdingbar notwendigen Auswege aus der Krise aufzeigen kann.
Im Rahmen einer 75minütigen Fernsehsendung des Bayerischen Rundfunks zur Landtagswahl am 28. September hatte auch Werner Zuse, Spitzenkandidat der BüSo-Liste für den Regierungsbezirk Oberbayern, Gelegenheit, die Antworten der Bürgerrechtsbewegung zu den brennenden Fragen darzulegen. Seine Gesprächspartner waren die Journalisten Matthias Keller-May und Andreas Bachmann. Gleich zu Beginn ging es um den vor aller Augen stattfindenden Zusammenbruch des globalen Finanzsystems:
Keller-May: Sie warnen vor einem Zusammenbruch der Finanzmärkte, damit liegen Sie ja momentan richtig..., es gibt große Krisen, große Probleme in den Finanzmärkten. Was stellen Sie sich denn für ein alternatives Modell vor?
Zuse: Der Quasi-Bankrott des Bankhauses Lehman Brothers ist nicht eine Hypothekenkrise oder ein amerikanisches Problem, sondern wir stehen mitten in einer Systemkrise... Wir haben davor gewarnt und haben auch Alternativen vorgeschlagen.
Wir schlagen vor, daß man etwas ähnliches macht wie 1933 in Amerika, als der amerikanische Präsident Roosevelt ein geordnetes Bankrottverfahren für das damalige bankrotte System in Amerika durchgeführt hat. Man hat dann mit großen Infrastrukturprojekten, die von Seiten des Staates in Gang gesetzt wurden, letztendlich die Realwirtschaft wieder aufgebaut.
Das müssen wir heute genauso machen, heute muß man das nur global machen, weil das gesamte System an dem Dollar dranhängt, und deswegen schlagen wir ein Neues Bretton Woods in der Tradition von Franklin D. Roosevelt vor.
Keller-May: Sie sagen gerade, man muß es global regeln, andererseits sprechen Sie sich in Ihrem Programm gegen die Globalisierung aus. Der globale Markt ist doch aber eine Realität, man kann doch gar nicht mehr isoliert arbeiten. Wie soll das dann funktionieren?
Zuse: Also, die Globalisierung ist eine Wirtschaftsphilosophie. Sie ist vor 200 Jahren unter dem Namen Freihandel schon einmal hier aktiv gewesen. Das Gegenmodell ist Protektionismus, das ist ursprünglich das amerikanische Modell, daß der Staat seine Produktion schützt und vor allen Dingen durch große Infrastrukturprojekte die Realwirtschaft, die allen Leute zu gute kommt, wieder in Gang bringt.
Das muß in einer Krise geschehen und dazu muß aber ein Land souverän sein. Deswegen haben wir in diesem Jahr ja auch sehr massiv vor dem EU-Vertrag gewarnt, der die Souveränität unseres Landes aushebeln würde; bereits durch den Maastrichter Vertrag sind für die Bundesrepublik Deutschland viele ihrer Rechte, die eigentlich einem souveränen Staat zukommen, im Grunde außer Kraft gesetzt worden und deshalb fordern wir auch, daß man diese Verträge wieder rückgängig macht.
Bachmann: Herr Zuse, Protektionismus, da muß ich kurz einsteigen, jeder fünfte Arbeitsplatz in Deutschland hängt vom Export ab, also das würde doch überhaupt nicht funktionieren, wenn wir hier, sozusagen, unsere eigene kleine Welt machen.
Zuse: Nein, wir haben ja auch nach dem Zweiten Weltkrieg ganz bewußt Protektionismus hier in diesem Land gemacht; das heißt ja nicht, daß man nicht mit der gesamten Welt handelt, sondern das heißt nur, daß wir gewisse Regeln einführen, die es eben Unternehmen nicht möglich machen, Leute zu beschäftigen zu Löhnen, mit denen sie nicht in der Lage sind, ihre Familien zu versorgen...
Keller-May: Wir reden jetzt gerade über internationale Themen, wollen aber über die Landtagswahl reden... Wo sind denn da ihre Kernpunkte?
Zuse: Auch für Bayern ist es dieselbe Frage: Wie schaffen wir produktive Arbeitsplätze in diesem Land, wie hat die Jugend eine Zukunft? Und die BüSo will eben, daß in diesem Land moderne Technik und Industrie gebaut wird, daß wir nicht die Industrie auslagern... und nicht meint, die Dienstleistungen seien eine Alternative zu einer Industrienation. Wir wollen diese Industrienation Deutschland modernisieren, deswegen haben wir uns auch Anfang dieses Jahres für den Bau des Transrapid eingesetzt. Wir sind auch Anhänger von modernen Energietechniken wie der Kerntechnik, und im Unterschied zur CSU wollen wir auch neue Kernkaftwerke bauen.“
Nach einer kurzen Unterbrechungspause, in der weitere Parteien befragt wurden, ging es mit der Energiefrage weiter:
Keller-May: Herr Zuse, Sie fordern Kernkraft statt die Subventionierung von Windrädern und von Solarenergie. Das ist doch jetzt eine sehr unpopuläre Forderung in dieser Zeit, warum machen Sie das, was ist da besser, als die regenerativen Energien zu fördern?
Zuse: Die Kernenergie hat sich seit den fünfziger Jahren als eine sehr effektive Energieform erwiesen; sie sehen ja heute, daß das Kernkraftwerk Isar I allein die Stadt München mit Strom versorgt, die gesamte Stadt München, und wenn Sie sich mal ausrechnen würden, was sie an Windrädern oder Solaranlagen brauchen, und wenn Sie sich dann überlegen, was Sie für einen Materialaufwand haben, was Sie an Flächenverbrauch in diesem Land haben, muß man sagen, das sind Schildbürgerstreiche.
Wir haben das Problem, daß alle Parteien in diesem Land vergrünt sind, also man streitet sich praktisch darüber, wer ist der Grünste im Lande, und dadurch wird dieses Land aus einer modernen Industrienation zu einem Land, das immer Zeichen der Dritten Welt zeigt. Wenn Sie heute mal in der Münchener Innenstadt sich betrachten, ... wie heute Menschen im Müll wühlen, um sich etwas dazu zu verdienen. Wir haben heute Tafeln, wo Menschen Nahrungsmittel bekommen, weil sie nicht mehr in der Lage sind, sich genügend zu versorgen, und das ist das Ergebnis der 68er Revolution, wo wir heute eben die Folgen zu tragen haben. Wir meinen, diese Fehler muß man korrigieren.
Bachmann: Aber Herr Zuse, sich um Umweltpolitik zu kümmern und Bewahrung der Schöpfung, das kann ja eigentlich nichts Schlechtes sein, und Uran ist ja auch endlich, irgendwo geht das ja auch mal dem Ende entgegen.
Zuse: Das ist ja klar. Aber nach der Kernspaltung wird als nächstes die Kernfusion kommen, deshalb fordern wir auch, daß die Kernfusion in diesem Lande sehr viel mehr gefördert wird. Also, was heute da an Geld ausgegeben wird, ist lächerlich. Ich weiß das von Garching, wo eine Fusionsanlage des Typs Stellerator jetzt dichtgemacht wird, nach Greifswald verlagert wird, und man nicht 5 Mrd. Euro im Jahr hat, um die Forschung in der Zwischenzeit weiterzubetreiben.
Bachmann: Kernfusion dauert 30-50 Jahre.
Zuse: Das ist die Frage. Als der Kennedy 1960 gesagt hat, in zehn Jahren sind wir auf dem Mond, und die gesamte Kraft eines Staates auf dieses Ziel gelenkt wurde, hat man das erreicht; nur, das fehlt heute, weil die politische Klasse in diesem Land eben grün ist, und grün heißt „zurück zum Feudalismus“, wir werden wieder „arm und reich“ bekommen, und wir meinen, wenn die Jugend eine Zukunft haben will, dann muß sie die Fehler der 68er korrigieren.
Keller-May: Trotzdem, Herr Zuse, wir reden von einer Technik, die noch weit in der Zukunft liegt, und gleichzeitig fordern sie den weiteren Ausbau der Kernenergie, da ist die Endlagerung der Uranstäbe nicht geklärt. Also auch da ist noch ein Problem da, und neue Kernkraftwerke bauen, ist doch nicht die Lösung.
Zuse: Also, wir haben, bevor die Kernfusion kommen wird, einen inhärent sicheren Reaktortyp in Deutschland entwickelt, der heißt Hochtemperaturreaktor. Mit diesem Reaktortyp hätten wir nicht die Probleme, die eben in Tschernobyl aufgetreten sind. Dieser Reaktortyp hat auch den Vorteil, daß man die Abwärme als Prozeßwärme nutzen und z.B. die Kohle eine neue Renaissance bekommen kann, als Rohstoff der petrochemischen Industrie, und wir haben das Problem, daß das Öl auch zu Ende geht. Es ist vollkommen sinnlos, was wir heute machen, zur Verstromung oder für den Autoverkehr Öl zu verbrennen. Wir müssen das ersetzen, und dazu brauchen wir Techniken, die in der Lage sind diese Probleme zu lösen. Und das geht nur mit der Kerntechnik.
Keller-May: Trotzdem sind wir jetzt eigentlich wieder bei den Bundesthemen und nicht, was kann ich hier, Energiepolitik im Freistaat Bayern machen.
Zuse: Nehmen Sie das Beispiel Bayern. In den achtziger Jahren hat Franz-Josef Strauß sich dafür eingesetzt, daß in Wackersdorf eine Wiederaufbereitungsanlage gebaut wird, weil damals sein Kollege, der Herr Albrecht in Niedersachsen, eben versagt hat und in Gorleben nur ein Endlager gebaut werden sollte. Das wäre ein Projekt gewesen, um einer strukturschwachen Region wieder eine Perspektive zu geben - daß junge Leute dort einen gutbezahlten Arbeitsplatz bekommen können. Deswegen müssen wir diese Fehler, die wir die letzten 30 Jahre gemacht haben, korrigieren.
Das Gleiche gilt auch für den Transrapid. Der Kollege, der hier vor mir gesprochen hat, sagt, man hat diese Technik fallengelassen. Das ist ein totaler Quatsch. Diese Technik würde sehr viele gute Arbeitsplätze schaffen, und sie ist die notwendige Veränderung, daß wir den ganzen Güterverkehr von den LKWs runter bekommen, wieder auf die Schiene. So wie vor 170 Jahren die Eisenbahn die Revolution durch Deutschland begonnen hat, könnte das auch der Transrapid sein, und wir sind weiter voll für den Transrapid.
Keller-May: Herr Zuse, wir müssen abbrechen, nur noch ganz kurz: Ich habe Sie richtig verstanden, Sie fordern eigentlich den Bau der Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf, über den es ja lange Zeit heftigen gesellschaftlichen Streit gab.
Zuse: Ja, denn heute haben wir Kernbrennstoffe, die wir in irgendwelchen Zwischenlagern lagern, aber das sind ja Energierohstoffe, und die müssen wir nutzen.
Lesen Sie hierzu bitte auch: Deutschland ist Sozialstaat, keine Aktiengesellschaft - Neue Solidarität Nr. 38/2008 Die Finanzblasen platzen - was nun? - Neue Solidarität Nr. 37/2008 Rosenheim muß wieder Industriestadt werden! - Neue Solidarität Nr. 34/2008 Kernkraft: Symbol für den Wiedereintritt ins Industriezeitalter - Neue Solidarität Nr. 32/2008 Die weltstrategische Bedeutung der Münchener Transrapidstrecke - Neue Solidarität Nr. 9/2008 Die heutige Krise ist die Gelegenheit, die Welt wieder zur Vernunft zu bringen - Neue Solidarität Nr. 9/2008 Stellungnahmen und Reden der BüSo-Vorsitzenden - Internetseite der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo) |
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