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Aus der Neuen Solidarität Nr. 39/2008

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Debatte in Frankreich: LaRouche versus Keynes

In Frankreich versuchten die Keynesianer, das Ferment für LaRouches Neues Bretton Woods durch den Vorschlag einer Weltwährung unter der Kontrolle des IWF zu entschärfen.

Am 31. August forderte François Hollande, der scheidende Generalsekretär der Sozialistischen Partei Frankreichs, überraschend die Einberufung einer „Neuen Bretton-Woods-Konferenz“ zum Umgang mit dem Kollaps des Finanzsystems. Vor 3000 Delegierten sagte er bei der Sommerakademie der Sozialisten in La Rochelle: „Wir müssen die volle Dimension dieser Krise verstehen. Wir dürfen sie nicht unterschätzen, wie es die Rechte im Lauf des vergangenen Jahres getan hat, bloß weil sie das Scheitern ihrer Politik bestätigt... Sie begann als eine Finanzkrise mit den Subprime-Hypotheken, aber sie hat das gesamte System angesteckt und sich zu einer Währungskrise und nun zu einer Rezession ausgeweitet.“

Hollande führte aus, wie sie zur Nahrungsmittelkrise und zum Kollaps der Immobilienmärkte führte und betonte: „Sie ist eine allgemeine Krise, eine globale Krise des globalisierten Kapitalismus, die in allen Dimensionen hart zuschlägt. Das Chaos, das wir durchleben, ist die Konsequenz politischer Entscheidungen: der Deregulierung der Finanzmärkte, der Monetarisierung der Wirtschaft, des Rückzugs der staatlichen Autoritäten, der Privatisierung und des organisierten Wettbewerbs zwischen öffentlichen Sektoren.“

Nun beginne eine „Ära der Regulierung“, eine „Ära der Gesetze“. Als erstes müsse man daher eine internationale Konferenz über Währungs- und Finanzfragen einberufen, die dann an die Einführung eines Neuen Bretton Woods herangehen könne, um „die Währungspolitik und Regulierung des Finanzsystems zu koordinieren" und so mit „einer allgemeinen, einer globalen Krise umzugehen, die alle Kontinente trifft.“ Diese Konferenz würde „die Stabilität der Euro-Dollar-Parität" sicherstellen. Auch die Ernährungskrise der Welt müsse durch die Steigerung der Agrarproduktion im Entwicklungssektor und durch die Verteidigung der Nahrungsmittelsicherheit gelöst werden. Seine Rede spiegelte eine weithin spürbare Besorgnis wider über den Kollaps des Landes und die Notwendigkeit, vom nachindustriellen Paradigma wieder zur Produktion zurückzukehren.

Schon im vergangenen Jahr hatte der frühere Premierminister Michel Rocard, der ein offenes Ohr für die Analysen von Lyndon LaRouche hat, der Sommerakademie ein Diskussionspapier vorgelegt, in dem er seine Parteigenossen aufgefordert hatte, sich der Realität zu stellen: Die Krise sei eine systemische, und ohne ein neues Bretton Woods bleibe alles andere billige Rhetorik und selbstberuhigende Phantasie. Dieses Jahr betonte Rocard in einer wohlaufgenommenen Rede, die internationale Finanzkrise sei „weit schwerer“ als es bisher irgend jemand öffentlich zugegeben habe. Die gegenwärtige Form des Kapitalismus sei „moralisch verkommen“. Man müsse sich stattdessen an das Nachkriegsmodell halten, das über 30 Jahre hinweg ein Wachstum von 3%-5,5% und Vollbeschäftigung ohne eine größere Finanzkrise erlebte.

Rocard, der selbst bis vor kurzem noch Illusionen über die Fähigkeit der Europäischen Union hatte, mit der Lage umzugehen, räumte nun ein: „Wir haben einen großen Fehler gemacht, als wir unsere Mittel zur Intervention in die Wirtschaft beschränkten, insbesondere, als wir der Beseitigung der Banque de France zustimmten, die früher eine der großen Quellen für öffentliche Investitionen war; das schuf eine Situation, in der heute der Staat gezwungen ist, zu hohen Zinsen von den privaten Banken Geld zu leihen.“ Er verurteilte auch die Maastricht-Kriterien, die Europa in eine malthusianische Wirtschaft getrieben hätten.

Rocard fordert wie der italienische Wirtschafts- und Finanzminister Giulio Tremonti, als ersten Schritt müsse man die Europäische Investitionsbank (EIB) mobilisieren, deren Kapital außerhalb der finanziellen Zwangsjacke von Maastricht vergrößert und in die Infrastruktur und kleine und mittlere Hochtechnologiefirmen gelenkt werden könne.

Auch wenn viele Fragen darüber, was Hollande mit seinem Vorschlag eines Neuen Bretton Woods genau erreichen will, unbeantwortet blieben - schon die Tatsache, daß er diesen Begriff verwendete, war ein politisches Ereignis, das von der staatlichen Nachrichtenagentur Agence France Press in ihrem Bericht über Hollandes Rede, der als Meldung weltweit verbreitet wurde, auch prominent erwähnt wurde.

Worte haben, wie Menschen, ihre eigene Geschichte. Während Hollande sprach, organisierten Mitglieder der LaRouche-Jugendbewegung - im vierten Jahr in Folge - vor dem Kongreßzentrum. Sie sammelten Unterschriften, verteilten Tausende von Exemplaren der Zeitung Nouvelle Solidarité und forderten die Sozialisten auf, sich für genau solch ein Neues Bretton Woods einzusetzen. In den vergangenen Jahren antworteten ihnen die sozialistischen Funktionäre, der Begriff „Neues Bretton Woods" sei „viel zu kompliziert“ für die einfachen Bürger. Aber Jacques Cheminade und seine Partei Solidarité et Progrès setzen sich seit 15 Jahren unermüdlich dafür ein, das „Neue Bretton Woods“ in diesen Kreisen zum Alltagsbegriff zu machen. Im vergangenen Jahr hatten fast 100 Bürgermeister, darunter zwei wichtige Mitglieder der Nationalversammlung, sowie weitere Mitglieder aus unterschiedlichen Führungsebenen der Partei Helga Zepp-LaRouches Aufruf für das Neue Bretton Woods unterzeichnet.

Die vernichtende Wahlniederlage der sozialistischen Kandidaten 2007 gegen Nicolas Sarkozy sowie das Platzen der Hypothekenblase und dessen Konsequenzen gaben nun der „alten Garde“ und Teilen der sozialistischen Jugend, die Rocards Ansichten teilen, die Legitimation, diese Fragen aufzugreifen.

Cheminade nutzte diese offene Lage sofort und verfaßte ein Memorandum über den Unterschied zwischen einem Keynesianischen Plan zur Regulierung der Währungen und einem Bretton-Woods-System im Stile Franklin Roosevelts mit einer Rückkehr zum Colbert-Hamiltonschen Amerikanischen System der staatlichen Kreditschöpfung, wie es von Lyndon LaRouche wiederbelebt und verfeinert wurde. Dieses Memorandum wurde als elektronische Nachricht an alle wichtigen Vertreter der Sozialistischen Partei geschickt.

Aber auch die Gegner einer solchen Wende gingen sofort ans Werk. In einem Gastkommentar, der am 5. September in Le Monde erschien, vermieden es Lionel Jospin, der Cheminades Präsidentschaftskandidatur von 1995 als „Unfall“ bezeichnet hatte, und Francois Morin, ein früheres Mitglied des Generalrates der Banque de France, den Begriff „Neues Bretton Woods“ zu verwenden, während sie statt dessen einen eigenen - keynesianischen - Vorschlag für ein neues weltweites finanzielles Regelwerk vortrugen.

Als professionelle Operation zur delphischen Manipulation der Öffentlichkeit beginnt das Stück von Jospin und Morin unter der Überschrift „Das Gesicht der finanziellen Unvernunft“ mit einigen nicht uninteressanten Elementen der Analyse der gegenwärtigen Finanzblase und ihrer Geschichte. So verurteilen sie beispielsweise die gewaltige Lücke zwischen der „Finanzsphäre und der Realwirtschaft“, und sie fordern eine „neue globale Gegenmacht“ gegen die globalen Finanziers. Jospin empfiehlt jedoch schamloserweise, daß die Regulierung „durch den IWF mit Unterstützung durch eine spezielle Einrichtung, die für die Beilegung finanzieller Konflikte zuständig ist, sicherzustellen.“

Schließlich taucht plötzlich in den letzten drei Absätzen der Plan einer Weltwährung auf, wie ihn Robert Mundell und vor ihm schon Keynes mit seinem „Bancor“-Vorschlag in Bretton Woods vorgelegt hatten: „Noch  fundamentaler und fortschrittlicher sollte man die Währung als ein weltweites öffentliches Gut betrachten, die im Mittelpunkt der neuen Regeln stehen sollte.“ In diesem Kontext „könnte eine Verschmelzung des Weltwährungsfonds mit der Bank für internationalen Zahlungsausgleich die neue Rolle einführen, die der Währung zugeschrieben werden sollte. Auf diese Weise würden die Bestandteile einer internationalen Währung geschaffen.“

Cheminades jüngste Intervention war ein weiterer Artikel, der unter der Überschrift „Das wahre und das falsche Neue Bretton Woods“ in der Zeitung Nouvelle Solidarité erschien. Darin polemisiert er gegen die Verdrehungen von Jospin, Soros und Rohatyn und deren potentiell kriminelle Konsequenzen.

Diese ganze Episode beweist jedoch, daß der Geist des „Neuen Bretton Woods“, wie es LaRouche vorschlägt, aus der Flasche ist, und daß es keinem verrückten Keynesianer gelingen wird, diesen Geist je wieder in die Flasche zu bannen, weil diese Flasche bereits in Scherben liegt.

            Karel Vereycken.

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Internetseite von Jacques Cheminade
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Internetseite der Solidarité et Progrès
- in französischer Sprache

 

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