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Aus der Neuen Solidarität Nr. 39/2008 |
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Finanzwahnsinn verschlimmert Dilemma der chinesischen Wirtschaftspolitik
Als einer der weltgrößten Halter von US-Dollars und
-Staatsanleihen ist China von der verrückten Rettungsaktion für Fannie Mae und
Freddie Mac direkt betroffen. Tatsächlich stimmen Chinas grundlegende Interessen
mit einem gesunden politischen Kurs für die USA überein, nämlich einem
geordneten Konkursverfahren im Stil von F.D. Roosevelt. Unter solch einer
Politik würden Staatsanleihen Teil eines wirtschaftlichen Wiederaufbauprogramms
im Stil des New Deal, das den USA, China und dem Rest der Welt nutzen würde.
Die Verluste chinesischer Investoren aus den gigantischen, unbezahlbaren,
nicht-staatlichen Schulden bei Fannie und Freddie wären gering im Vergleich zu
den Vorteilen einer solchen Politik.
Chinas Zentralbank hat zwar wie viele andere Institutionen
auf der Welt die US-Rettungsaktion für Fannie und Freddie am 7. September als
angeblich „stabilisierend“ begrüßt, doch führende chinesische Ökonomen waren
weniger beeindruckt. Die Rettungsaktion wird Chinas Lage weiter erschweren, da
der Großteil der 1,4 Bio. $ Devisenreserven des Landes in Dollars und
Dollarwerten besteht. Aufgrund der US-Politik verliert der Dollar gegenüber dem
Yüan an Wert, und chinesische Exporte in die USA, die bereits vom Rückgang des Lebensstandards
dort betroffen sind, verlieren rapide an Umfang. Dennoch würde das Aussteigen
aus dem Dollar die Dinge nur noch schlimmer machen. Der Ökonom der Chinesischen
Sozialwissenschaftlichen Akademie, Dong Yuping, sagte gegenüber China Daily
am 9. September, chinesische Anleger würden bei einem Bankrott von Fannie und
Freddie viel verlieren, aber die Rettungsaktion verbessert nicht die
grundsätzliche Realität des US-Wohnungsmarktes, sondern „stabilisiert nur für
kurze Zeit die gefühlsmäßige Wahrnehmung des Marktes“. Es müßte mehr Geld zur
Verfügung gestellt werden, das große Problem aber wäre, wie die US-Regierung an
dieses Geld kommen wollte. „Vielleicht könnte sie das Geld durch die Ausgabe
neuer Staatsanleihen aufbringen“, so Dong. Die Frage dann wird sein, ob China
kaufen soll, um sie zu stützen? Bereits jetzt verlieren die von China
gehaltenen US-Staatsanleihen durch den Dollarfall an Wert. China und Japan als
größte Halter von US-Staatsanleihen „müssen eine schwere Entscheidung fällen“,
sagte Dong. „Wenn sie ihre Bestände aufstocken, wissen sie dabei nicht, welche
Richtung der Markt einschlagen wird. Tun sie es nicht, könnte der Wert ihrer
Bestände weiter fallen.“ China hält US-Staatsanleihen im Volumen von ungefähr
500 Mrd. $.
Ende Juni hielten chinesische Handelsbanken 24 Mrd. $ an
Papieren, für die Fannie und Freddie die Schuldner waren. Die Zentralbank hat
die von ihr gehaltenen US-Papiere um 25% verringert. Laut AP erklärte
sie im August, sie halte noch 7,5 Mrd. $ dieser Anleihen und 5,2 Mrd. $ an
hypothekenbesicherten Wertpapieren (MBS). Der größte Geschäftskreditgeber ist
die Industrial and Commercial Bank of China, die letzten Monat bekanntgab, sie
halte 465 Mio. $ an Fannie- und Freddie-Schulden und 2,2 Mrd. $ an MBS.
Pekings Politik ist auf einen strategischen Wechsel von
Exportabhängigkeit hin zu umfassender innerchinesischer Entwicklung
ausgerichtet, aber das wird Zeit und enorme Investitionen brauchen. Bis dahin
bleibt festzustellen, daß der schnelle Rückgang der Exporte die gesamte Volkswirtschaft
in Mitleidenschaft zieht. Die Krise zwingt viele Exportunternehmen, zu
schließen, was das ganze Land trifft, denn sie beschäftigen viele
Wanderarbeiter, die die ländliche Bevölkerung finanziell unterstützen. Die
Einkommenslücke zwischen ländlicher und städtischer Bevölkerung ist heute die
größte, seit China vor 30 Jahren mit seiner Reformpolitik begann.
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