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Aus der Neuen Solidarität Nr. 37/2008 |
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Die Wirtschaft der Eurozone versinkt zunehmend unter dem Gewicht ihrer beiden größten lebenden Leichen: der Bankensysteme Großbritanniens und Spaniens. Das Platzen der Immobilienblase in beiden Ländern verschärft die Bankenkrise, während die Rettungsaktionen der Europäischen Zentralbank (EZB) an Wirkung verlieren. Beispielhaft ist die „Zwillingskrise“ der Royal Bank of Scotland (RBS) und der spanischen Banco Santander, die so eng miteinander verbunden sind, daß ein Schock auf der einen Seite sofort auch die andere trifft. Dies gilt auch für die gesamte Immobilienblase in beiden Ländern.
Bisher hat die EZB die spanischen Banken über Wasser gehalten, indem sie ihre Schulden mit monatlich ca. 50 Mrd. Euro refinanzierte und dafür (mehr oder weniger fragwürdige) Hypothekenpapiere als Sicherheit entgegennahm. Die Summe entspricht 11% aller monatlichen Geldspritzen der EZB in der Eurozone. Nun aber gerät dieser Prozeß ins Stocken.
Am 29. August stufte die Ratingagentur Fitch sechs Pakete mit Hypothekenpapieren (MBS) der Banco Santander herunter. Die Wertpapiere im Nominalwert von 4,06 Mrd. Euro gehören zu den schwächeren Tranchen der Kategorien A, BBB und BB; die höheren MBS-Kategorien von Santander blieben unverändert. Offenbar wurden die Papiere im Oktober 2007 ausgegeben, als der Interbankmarkt praktisch tot war, was darauf schließen läßt, daß die EZB der Käufer sein sollte. Fitch zufolge ist mit einer Abschreibung von 35% des Nennwerts zu rechnen.
Gleichzeitig erlebt Santanders britischer Partner RBS nach einer Kapitalaufstockung um 12 Mrd. Pfund eine Vertrauenskrise der Aktionäre. Die Bank hat drei besondere Aufsichtsräte ernannt, die darüber wachen sollen, daß das Management die Interessen der Aktionäre wahrt.
Die Bank von England und die Regierung, die immer mehr Verluste aus der Verstaatlichung der bankrotten Hypothekenbank Northern Rock schlucken müssen, haben der Krise nichts entgegenzusetzen. Ein Mitglied des Währungsausschusses der Zentralbank, David Blanchflower, hat ungewöhnlicherweise sogar eine Zinssenkung gefordert, damit man irgendwie an Liquidität gelangt. Aber niedrigere Zinsen würden das Pfund weiter schwächen, nachdem es allein im August schon 8% gegenüber dem Dollar verloren hat.
Finanzminister Alistair Darling hat erklärt, das Land stehe „vor dem wohl schlimmsten wirtschaftlichen Abschwung der letzten 60 Jahre“. Gleichzeitig räumte er ein, daß er keine Vorstellung habe, wie ernst die Kreditknappheit noch werden könne. (Er sollte die Neue Solidarität lesen.)
Die Cheflobbyisten der drei US-Automobilriesen aus Detroit warben auf dem Parteitag der Demokraten in Denver Ende August um Unterstützung für ein 50 Mrd.-$-Kreditpaket des Bundes für die „Umstellung und Rettung der Autoindustrie“. Auf dem Parteitag der Republikaner in Minneapolis in dieser Woche werden sie das gleiche tun. Die Großen Drei - General Motors, Ford und Chrysler - erklären, sie könnten ohne Kredite und Kreditgarantien der Bundesregierung nicht überleben, weil sie von den Kapitalmärkten abgeschnitten seien und weiterhin große Verluste machten.
Praktisch ist der Vorschlag eine schlechte Parodie des „Gesetzes zur wirtschaftlichen Erholung“ (ERA), das Lyndon LaRouche dem US-Kongreß erstmals im Frühjahr 2005 vorgeschlagen hatte. Der Plan hätte die Autoindustrie durch Umstellung ihrer Maschinen- und Anlagenbaukapazitäten auf die Produktion von Komponenten für neue Infrastruktur, z.B. Hochgeschwindigkeitsbahnen, gerettet. Er sah die Gründung einer neuen Bundeseinrichtung vor (ähnlich der Defense Plants Corporation im Zweiten Weltkrieg), die jährlich Kredite von bis zu 200 Mrd. $ für Firmenumrüstungen und Infrastrukturprojekte ausgibt. Seit LaRouche im Februar 2005 zum ersten Mal warnte, daß den Autobauern der Bankrott drohe, und er seinen Vorschlag für den Erhalt ihrer unersetzlichen Maschinenbaukapazitäten vorlegte, sind in den USA etwa 50 Werke der Autoindustrie und ihrer Zulieferer geschlossen worden, und viele weitere verloren den Großteil der Arbeitsplätze.
Damals warben viele Vorsitzende von Ortsverbänden der Autogewerkschaft UAW in Washington persönlich für das ERA, aber es wurde nicht beschlossen, weil die finanziellen Hintermänner der Demokratischen Partei um Felix Rohatyn und George Soros und die Chefs der Automobilkonzerne sich querstellten. Jetzt tauchte im Wahlprogramm der Demokraten in Denver auf einmal die Forderung nach Bundeskrediten für die Autobauer zur „Umstellung“ ihrer Werke auf - aber nur für den Bau von Kleinwagen mit niedrigem Benzinverbrauch. Senator Levin aus Michigan sagte gegenüber Detroit News, daß die Generaldirektoren von GM, Chrysler und Ford Mitte September in Washington mit der Führung der Demokraten im Kongreß darüber beraten werden.
Außerdem mobilisiert die nationale Führung der UAW, die sich weigerte, für eine wirkliche Umstellungspolitik einzutreten, als viele ihrer Mitglieder vor der Entlassung standen, nun für die „Rettung“ der Manager und Aktionäre.
Im Energiegesetz, das im Dezember 2007 verabschiedet wurde, wurden bereits 25 Mrd. $ für die „Mini“-Umstellungskredite bereitgestellt, aber der Kongreß bewilligte kein Geld dafür. Der republikanische Präsidentschaftskandidat McCain sprach sich am 22. August für die Annahme des Gesetzes aus, aber es reicht nicht aus, um den Dreien von Detroit aus der Finanzklemme zu helfen. Außerdem gibt es ein kleine Schwierigkeit: Dieses Gesetz legte fest, daß das Energieministerium „sicherstellen muß, daß die Kredite finanziell sinnvoll eingesetzt werden und keine weiteren Bundeszuschüsse notwendig sind“.
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