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Aus der Neuen Solidarität Nr. 36/2008

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Essen auf den Teller oder in den Tank?

Landwirtschaft. Der Kampfgeist der Milchbauern ist ungebrochen. Sie bewerten ihren Streik für kostendeckende Preise als Erfolg und erwarten nun von der Politik, daß sie ihr Anliegen unterstützt.

Am 24. August fand in dem kleinen niederbayerischen Dorf Moosthenning der 2. Milchbauerntag des Landkreises Dingolfing-Landau statt. Als Hauptredner waren der CSU-Landtagsabgeordnete Josef Ranner und der Präsident des BDM (Bund Deutscher Milchviehhalter) Romuald Schaber geladen. Einige hundert Zuhörer, meist Bauern, waren ins Festzelt gekommen und wollten hören, wie es mit den Milchpreisen weitergeht und was der Milchstreik im Mai gebracht hat.

Nach der Begrüßung sprach zuerst der Landtagsabgeordnete Josef Ranner. Er wies darauf hin, daß in den letzten Monaten ein Paradigmenwandel stattgefunden habe. Angesichts der Welthungerproblematik sei die Landwirtschaft wieder ins Blickfeld der Menschen und der Politik gerückt. Selbst die Weltbank kümmere sich wieder um das Essen und kritisiere den Verbrauch von Agrargütern für die Biospritproduktion. Die Alternative heiße heute „Teller oder Tank“. Vor allem die USA würden große Mengen Mais für die Spritproduktion verwenden.

Zur Lage in Europa bemerkte er, daß in Deutschland sieben Einzelhandelsketten die Bauern im Würgegriff hätten und von den Produzenten endlich ein Machtgleichgewicht hergestellt werden müsse. Nach diesen Bemerkungen, denen viele zustimmen konnten, behauptete er, daß weltweit mehr Milch produziert als verbraucht werde. Deshalb müsse eine Mengensteuerung her. Da sei man sich zwischen CSU, Bauernverband und BDM einig.

Hier sieht man den fatalen Fehlschluß  aller, die meinen „wenn man die Menge reduziert, dann stimmt auch wieder der Preis“. Falls man aber in der EU den Außenschutz nicht wieder einführe, würde auch dieses Instrument nicht greifen.

Ranner kritisierte, daß nun mit EU-Agrarmitteln [das Satellitenortungssystem] Galilei finanziert würde. Der Milchgipfel mit Bundeslandwirtschaftminister Horst Seehofer habe große Gemeinsamkeit gezeigt. Das Problem sei aber die EU, die den Außenschutz weiter abbauen wolle. Weltweit würden die Bauern geschützt, nur nicht die europäischen Bauern. Der Geräuschpegel im Festzelt stieg immer mehr an. Ranner stimmte nun den üblichen Sirenengesang an, die Bauern sollten für ihre Umweltleistung belohnt werden. Und zum Schluß kam auch noch das leidige Thema der CSU zur Landtagswahl in die Debatte: „Freiheit statt Sozialismus“. Die Erbschaftssteuer sei die letzte Kommunistensteuer. Die müsse weg. Den Schluß seiner Rede hat wohl kaum noch jemand verfolgt.

Die EU ist das Problem

Aber zum Glück ergriff nun der Präsident des BDM, Romuald Schaber, das Wort. Er ging auf die Entwicklungen der letzten zwei Jahre ein und schilderte, wie im letzten Jahr die Preise für Milch gestiegen seien. Dies habe dazu geführt, daß die Bauern die Produktion ausgeweitet hätten. Daraufhin kam es zum Zusammenbruch der Milchpreise und in Folge davon zum Milchstreik der Bauern im Mai dieses Jahres. Grund für den Preisverfall seien aber nicht die Chinesen gewesen, wie in den Medien oft behauptet wurde, sondern die Produktionsausweitung Ende 2007 und 2008. Der Preis sei von 40 Cent/Liter Milch auf 35 gefallen, in Norddeutschland sogar bis unter 30 Cent.

Die Erfahrungen der Bauern mit der EU-Bürokratie in Brüssel seien eine Katastrophe gewesen. Die Beamten dort hätten kein Verständnis für die Landwirte. Man habe ihnen gesagt, im letzten Jahr seid ihr auch noch mit 27 Cent ausgekommen und jetzt wollt ihr plötzlich 43 Cent. Dort bräuchte man eine andere Tonart. Das Problem sei, daß in Brüssel die Entscheidung für eine weitere Liberalisierung gefallen sei und daß, wenn es nach Brüssel geht, daran nichts zu ändern sei. Dort heiße es: „Wenn ihr Bauern überleben wollt, müsst ihr weiter Kosten senken und produktiver werden“. Angesichts  steigender Kosten für die Betriebsmittel sei dies nicht mehr machbar.

Die Bauern hätten deshalb entschieden, nicht mehr auf die Politik zu hoffen, sondern sich selbst zu helfen. Weiter sei auch die Macht der großen Molkereien ein Problem, weil sie auf der Seite der Einzelhandelsketten stünden, obwohl sie wie die Nordmilch Genossenschaften seien. Im Oktober 2007 habe der BDM  berechnen lassen, daß Bauern erst mit 43 Cent/ Liter Milch einen kostendeckenden Preis hätten. Deshalb die Forderung des BDM. Es gehe aber auch um die Frage, ob wir in Deutschland weiter Milch und andere Lebensmittel produzieren oder uns total von Importen abhängig machen wollen. Dann müßte man, wie jetzt bei der Energie zu sehen ist, bei jeder Krise um die Versorgung zittern. Mit Geld könne man heute zwar immer noch Energie auf dem Markt kaufen, aber die habe ihren Preis. Soll dies auch bei Nahrungsmitteln der Fall werden? Falls man weiter liberalisiere, würde die Agrarproduktion wie die Textilproduktion aus Europa verschwinden.

Ob nun der Streik erfolgreich gewesen sei, da dürfe man nicht auf die Molkereien hören, deren Propaganda das Gegenteil behaupte. Durch den Streik seien dem Markt 500.000 Tonnen Milch entzogen worden. Wäre dies nicht geschehen, wäre der Preis noch weiter gefallen. Er sei persönlich von den Molkereien total enttäuscht. Diese hätten für Milch aus Osteuropa 50 Cent/ Liter bezahlt, um den Milchstreik zu bekämpfen. Man habe geglaubt, daß der Streik schon nach 3-4 Tagen zusammenbrechen würde, doch die Solidarität der Bauern habe gehalten. Auch die Bevölkerung habe die Bauern unterstützt. Beim Milchgipfel mit Seehofer habe sogar er ihre Positionen unterstützt. Am 20. Oktober müßten nun die Länder ihren Segen dazu geben.

Bis dahin müsse man noch Druck machen und die Wahl in Bayern sei hierfür eine gute Gelegenheit. Man erwarte von der CSU, daß sie die Forderungen unterstützt. Aber auch nach der Wahl seien alle Parteien weiter in der Verantwortung. Der Vorschlag des BDM beinhalte, daß die Bauern die Milchmenge, die sie produzieren, auch selbst steuern müssen. Die WTO-Verhandlungen seien nun gescheitert, weil die Staaten wie Indien ihren Bauern weiter helfen wollen. Dort wisse man, daß man zur Stabilität im Lande auf sie angewiesen ist. Der Bauernverband versuche, die Bauern zu spalten, aber diese würden Geschlossenheit zeigen. 85% der Bauern würden die Forderungen des BDM unterstützen.

Man sei nun wie beim 100-m-Lauf kurz vorm Ziel. 95 m habe man geschafft. Die letzten 5 m würden die Bauern auch noch schaffen. Als der Verfasser ihn nach seinen Erfahrungen mit der Politik fragte, appellierte er an die Zuhörer, mündige Bürger zu sein und diesmal richtig zu wählen. Er rief zwar nicht dazu auf, die BüSo zu wählen, aber der mündige Bürger wird dies sicher tun.

            Werner Zuse

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Milchstreik der Bauern - der Beginn einer wirklichen Revolution?
- Neue Solidarität Nr. 28/2008
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