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Aus der Neuen Solidarität Nr. 31/2008

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Obamas Rechtswende

USA. Von Barack Obamas vielgerühmter Prinzipientreue ist kaum etwas übriggeblieben, er nähert sich in vielen Punkten der Regierung Bush-Cheney an.

Die politische Wandlung des amerikanischen Präsidentschaftskandidaten Barack Obama ist auffällig. „Das Tempo und die Entschiedenheit seiner Bewegung zur Mitte haben mich überrascht“, sagte einer, dem das gefällt - Will Marshall vom Institut für progressive Politik (PPI) - laut Los Angeles Times vom 28. Juni. Marshalls Institut ist ein Ableger des Demokratischen Führungsrats (DLC) vom rechten Rand der Demokratischen Partei. Der jahrelang einflußreiche DLC - verkörpert durch Politiker wie Senator Joe Lieberman - vertrat innerhalb der Demokratischen Partei praktisch Positionen der Republikaner, ist aber inzwischen zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken.

Wie konnte Obama darauf verfallen, sich solchen Leuten von gestern anzubiedern?

Seit Hillary Clinton ihre Kandidatur auf Eis legte, hat Obama seine Einstellung in vielen Punkten geändert, und oft gerade dort, wo er als angeblicher Mann von Prinzipien und Freund des „kleinen Mannes“ vermeintlich seine politische Identität hatte. Das reicht von Verfassungsfragen wie dem systematischen Ausspionieren von Bürgern und der Todesstrafe bis hin zur Wahlkampffinanzierung. Derartige „Meinungsänderungen“ sind in Präsidentschaftswahlkämpfen zwar nicht unüblich, aber gerade Obama hatte sich den Ruf aufgebaut, anders zu sein als andere Politiker - daß er seinen Grundsätzen treu bleiben und sein Fähnchen nicht nach dem Wind hängen würde. Nun läßt er deutlich erkennen, daß seine politische Heimat dieselbe ist wie die der meisten anderen Politiker: Er biedert sich dem großen Geld an.

In der Mitte der Vorwahlzeit, nach Hillary Clintons Siegen in Texas und Pennsylvania, wandte sich Lyndon LaRouche an die Obama-Kampagne und betonte, daß ein Großteil ihrer Wähler aus den 80% einkommensschwächeren Bevölkerungsschichten kommt und sie deshalb deren Interessen in den Mittelpunkt stellen sollte.

LaRouche schrieb: „Deshalb sollten wir in diesem Moment der Krise bekräftigen, daß die in letzter Zeit mit Senator Obamas Wahlkampf verbundenen Wähler von uns allen - zumindest von den meisten von uns - die Zusicherung bekommen, daß ihre Bürgerinteressen durch die Präsidentschaft gefördert und geschützt werden. Das ist wichtiger als spezielle Versprechungen von Vorteilen, die man sich von einem erfolgreichen Präsidentschaftskandidaten erhofft. Die meisten Bürger an der Basis der Unterstützer von Obama und Senatorin Hillary Clinton haben angeborene Rechte, die von der Institution der Präsidentschaft geschützt werden müssen. Diese Rechte, insbesondere der 80% der unteren Familieneinkommenskategorien, müssen verteidigt werden. Dies ist eine Verpflichtung für uns alle, denen ihre Mitbürger nicht egal sind.“

Doch im Augenblick des vermeintlichen Erfolgs entschied Obama offenbar, die Interessen dieser Menschen zu ignorieren. Wie LaRouche in einer neuen Erklärung betont, bedeutet das in der gegenwärtigen wirtschaftlichen und sozialen Krise eine Katastrophe nicht nur für Obamas Kampagne, sondern für das ganze Land.

Die „Themen“

Die beiden auffälligsten Kehrtwenden Obamas waren Themen, die vorher sein Markenzeichen waren: die Wahlkampffinanzierung und das illegale Abhörprogramm der Regierung Bush, das in Neuauflagen des FISA-Gesetzes gegen Auslandsspionage verankert werden soll.

Obama hatte seinen Unterstützern, wie auch dem republikanischen Kandidaten John McCain versichert, er werde sich den Auflagen für staatliche Wahlkampfhilfe unterwerfen. Das sollte als Symbol dafür stehen, daß er sich dem Volk und nicht dem „großen Geld“ verpflichtet fühlt. (Der Staat zahlt Kandidaten Wahlkampfhilfe in gleicher Höhe ihrer gesammelten Spenden, wenn sie keine großen Spenden über 2500 Dollar annehmen.) Dieses Versprechen bricht er nun, und hinter vielen leeren Worten ist seine einzige Begründung, daß er noch mehr Geld haben will - obwohl seine Wahlkampfkasse jetzt schon 250 Millionen Dollar umfaßt.

Was Obamas Unterstützer noch mehr beunruhigt, ist seine Kehrtwende hinsichtlich des FISA-Gesetzes mit den verfassungswidrigen Abhöraktionen (Telefon, E-Mail etc.) ohne richterlichen Beschluß. Er neigt jetzt dazu, gegenüber der Regierung Bush nachzugeben, die das Programm fortsetzen und Telekomfirmen, die Kunden illegal abhörten, Straffreiheit gewähren will. Die von George Soros geförderte Internetgruppe Move.On, die sehr viel zu Obamas Kampagne beigetragen hat, ist wütend darüber und überschüttet seine Büros mit Aufrufen, den Gesetzentwurf durch ein sog. Filibuster aufzuhalten. Aber Obama stimmte sogar mit der republikanischen Mehrheit für das Gesetz (siehe nebenstehenden Bericht).

Es gibt aber noch andere Bereiche, in denen Obama sich nach rechts bewegte. Am 1. Juli kündigte er eine eigene „glaubensbasierte Initiative“ an, eine Kopie des gleichnamigen Programms der Regierung Bush, über das Kirchengemeinden mit Geldzuteilungen für soziale Zwecke regelrecht gekauft werden. Am 2. Juli berichtete der Fernsehsender ABC, Obama lobe in einem Wahlkampfspot die Sozialreform aus dem Jahr 1996, mit der „die Sozialhilfe um bis zu 80% gekürzt wurde“. Dieses neokonservative Programm, das damals Präsident Bill Clinton von seinem Berater Dick Morris und seinem Vizepräsidenten Al Gore aufgeschwatzt wurde, ist vielen Gewerkschaftern und einkommensschwachen Demokraten verhaßt - und war es Obama bisher auch.

Seine außenpolitischen Schwenks sind weniger ausgeprägt, aber seine wichtigsten Berater, Anthony Lake und Susan Rice, sind sich in der aggressiven Haltung gegenüber dem Iran, die „mögliche vorbeugende Militäraktionen“ einschließt, mit den Beratern McCains völlig einig.

Grundlegendes

Vor allem aber hat Obama mit seinem Rechtsruck die wichtigsten Wählerschichten der Demokraten beim bedeutendsten Thema, ihrem Lebensstandard, aufgegeben. Obama und jeder intelligente Berater weiß, daß er die Wahl nicht gewinnen kann, wenn er nicht Hillary Clintons wichtigste Unterstützergruppen für sich gewinnt: organisierte Arbeitnehmer, Hispano-Amerikaner und andere Vertreter der ärmeren 80%, die Hillary in Schlüsselstaaten wie Ohio, West-Virginia und Pennsylvania zu überwältigenden Siegen verhalfen.

Doch Obama tut nichts in Richtung von Clintons Kampf gegen Zwangsräumungen von Eigenheimen, gegen Ölkartelle und Spekulanten und gegen Freihandelsabkommen, die den Lebensstandard katastrophal senken. Er pries sogar das industriefeindliche Carnegie-Mellon-Institut aus Pittsburgh als angeblich zukunftsweisend, obwohl es auf den Ruinen des alten Industriegürtels der USA steht.

Der Eindruck drängt sich auf, daß Obama unbedingt verlieren will. In der Demokratischen Partei sollte man sich fragen, warum!

Nancy Spannaus

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