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Aus der Neuen Solidarität Nr. 27/2008

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Tremonti: Rohstoffspekulationen sind „Pest des 21. Jahrhunderts“

Italiens Wirtschaftsminister Giulio Tremonti, erklärter Befürworter einer neuen Bretton-Woods-Konferenz, hielt am 22. Juni eine Rede vor dem italienischen Gewerkschaftsverband CISL, in der er die Gewerkschaften dazu aufrief, ihm im Kampf gegen die wahre Ursache der Preissteigerungen bei Öl und Nahrungsmitteln - die „internationale Spekulation“ - beizustehen.

Wie die Zeitung Il Messaggero berichtete, bezeichnete Tremonti den Plan seiner eigenen Regierung, der von einer erwarteten Inflation von 1,7% ausgeht, als „surrealistisch“. Dafür gebe es zwei Gründe. „Der erste ist technisch, der zweite politisch. Den ersten kann jeder erfahren, der die EZB anruft, die fordert, daß die Inflationsrate unter 2% liegen soll.“ Tremonti nannte dann tatsächlich die Telefonnummer der EZB und forderte seine Hörer auf, dort anzurufen. „Es ist falsch, heute von Inflation zu reden. Seit mindestens sechs Monaten sollten wir von Spekulation reden. Die internationale Spekulation war zunächst reine Finanzspekulation, aber in der letzten Zeit konzentrierte sie sich, nach einigen Desastern, auf Waren, angefangen mit Öl.“ Deshalb kämpfe man entweder einen lokalen Kampf mit alten Methoden und alten Perspektiven, oder man kämpfe einen globalen Kampf, indem man den Staatsfeind Nummer Eins bekämpfe: die Spekulation.

„Die Spekulation ist die Pest dieses Jahrhunderts, ein Gespenst, das wir kommen sahen, aber nicht auf diese Art und nicht so schnell. Die Inflation kann nicht länger nach den einfachen Gesetzen von Angebot und Nachfrage erklärt werden“, fuhr Tremonti fort. Er griff dann die Linke an, denn „im linken Lager gibt es Spekulations-Manager, die es gewohnt sind, Zigarren zu rauchen und auf Yachten zu segeln, und deshalb redet die Linke nicht von der Spekulation.“

Der Vorsitzende der linken Gewerkschaft CISL protestierte und fragte: Wenn das, was Tremonti sagte, wahr sei, warum entwerfe die Regierung dann einen Haushalt auf der Grundlage dieser Zahlen? Tremonti antwortete, der Entwurf sei von der EU diktiert und sei „ein surrealistisches Dokument ohne Nutzen“.

Offenbar erkennt die anglo-holländische Finanzoligarchie zunehmend, daß Tremonti sich mehr und mehr zu einer Bedrohung für sie entwickelt. Das mag der Grund dafür sein, daß die Financial Times jetzt verspätet unter der Überschrift „Tremontis Bestseller über die Angst trifft auf den Nerv“ eine Besprechung von Tremontis Buch Furcht und Hoffnung veröffentlichte. Darin schreibt die Zeitung, Tremontis Maßnahmen gewännen in Italien immer mehr an Popularität und Unterstützung. Sie greift das Buch an seinen schwächsten Seiten - die antichinesische Einstellung, „Festung Europa“, etc. - an, stellt dann jedoch fest, daß er „ein neues, weitreichendes Bretton-Woods-System“ und einen „starken Staat“ fordere und daß er „die linken Protestbewegungen der 68er bedauert“.

          eir

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