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Aus der Neuen Solidarität Nr. 27/2008 |
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Finanzkrach. Die von den Zentralbanken ausgelöste Hyperinflation ist nicht mehr zu verstecken, und sie löst Reaktionen aus wie das irische Nein gegen den Lissaboner Vertrag. Je schneller die Staaten Europas nun die EU-Verträge aufkündigen, desto schneller können sie die produktive Wirtschaft wieder in Schwung bringen.
Heulen und Zähneklappern herrscht dieser Tage unter den Bankern. Sie sind völlig darüber zerstritten, wie sie zwischen der Scylla der aus dem Ruder laufenden Inflation und der Charybdis des Absackens der Weltwirtschaft in eine tiefe Depression hindurchsteuern sollen. Plötzlich ist das Geschrei groß, dabei ist die hyperinflationäre Entwicklung seit September letzten Jahres völlig offensichtlich, und Lyndon LaRouche hatte bereits am 25. Juli 2007 in seinem damaligen Internetforum erklärt, das Weltfinanzsystem sei bereits kollabiert, und man werde nun nur beobachten, wie die verschiedenen Auswirkungen dieses Zusammenbruchs an die Oberfläche gespült würden.
Mit einem Ölpreis von über 140 Dollar pro Barrel, den einige Analysten schon bald bei 170, 200 oder sogar 300 Dollar sehen, mit einer immer noch geschönten Inflationsrate von fast vier und für den August erwarteten (zugegebenen) 5,5 % mehren sich die Anzeichen, daß die EZB die Zinsraten im Juli von 4 auf 4,25% anheben wird, u.a. weil sich die öffentliche Meinung dahingehend festigt, daß der Euro nicht nur ein Teuro ist, sondern im Gegensatz zur harten D-Mark auch so weich wie Zuckerwatte. Eine ganze Reihe von Ökonomen, wie z.B. Albert Edwards, Chefstratege bei der Société Générale, warnen, daß die EZB einen schwerwiegenden Fehler mache und mit ihrem Versuch, die Inflation durch ein Anheben der Zinsrate zu bekämpfen, die Wirtschaft nur weiter in den Abgrund reißen werde.
Im Gegensatz zum bekannten Sprichwort beginnen die Krähen nun doch, einander die Augen auszuhacken, und die Federal Reserve entwickelt sich dieser Tage zum beliebtesten Sandsack für frustrierte Banker. So gab Barclays Capital eine Warnung vor einem weltweiten Finanzsturm für seine Kunden heraus, machte die Fed für die Inflation verantwortlich und sprach ihr jede Glaubwürdigkeit ab. David Woo, Währungsexperte der Bank, verweist auf die Inflation, die die Fed in jene rund 45 Staaten exportierte hat, die ihre Währung an den Dollar gekoppelt haben. In der Tat hat die Entscheidung der Fed und anderer Zentralbanken, die Investmentbanken und andere „kreative Finanzinstitutionen“ mit ihren auf viele Trillionen bezifferten SIV´s durch immer neue Liquiditätsspritzen über Wasser zu halten, einen Löwenanteil an der Hyperinflation. Denn diese Liquidität bleibt nicht im Sparstrumpf, sondern päppelt das monetäre Kartenhaus auf. Oder wie der EZB-Chef auf die Frage, inwieweit die Spekulation für den Ölpreis verantwortlich sei, so euphemistisch antwortete, die „Portfolios“ hätten sich „in Richtung commodities“ bewegt.
Der Disput, ob die aus dem Ruder laufende Inflation oder die sogenannte Stagflation das dringender zu bekämpfende Problem sei, ist überflüssig und demonstriert nur die Betonköpfigkeit der neoliberalen Ideologen. Tatsache ist dagegen: Wir befinden uns seit geraumer Zeit in einem hyperinflationären Prozeß, der sich in kürzester Zeit im Platzen weiterer Blasen und Finanzstürmen von Tsunami-Stärke entladen wird.
Vor diesem Hintergrund hat Irland im Referendum zum EU-Vertrag mit „Nein“ gestimmt. Die irische Bevölkerung hat sicherlich nicht die volle Dimension der Systemkrise im Kopf gehabt, sehr wohl aber die Auswirkungen der neoliberalen Politik der EU auf Industrie und Landwirtschaft in Irland. Die Befürworter des Vertrags behaupten, das Land sei undankbar, da es doch so viel von der EU-Mitgliedschaft profitiert habe. Aber Irland hat nicht nur eine platzende Immobilienblase, es hat außerdem beachtliche 176 Prozent Haushaltsschulden gemessen am Bruttoinlandsprodukt, und es ist von der allgemeinen Kreditklemme ebenso betroffen wie vom Verfall des Dollar und des Pfund Sterling. Insbesondere die irischen Landwirte reagierten auf die Bedrohung eines völlig ungezügelten Freihandels, der sich aus den Verhandlungen der EU und der WTO zu ergeben drohte.
Im Gegensatz zu Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Sarkozy, die entgegen aller Realität immer noch auf der Fortsetzung des Ratifizierungsprozesses für den Lissaboner Vertrag bestehen, sieht eines der eher konservativen Sprachrohre der Londoner City, Ambrose Evans-Pritchard, ein, daß der Versuch, den europäischen Nationen einen „Überstaat“ überzustülpen, gescheitert ist. Im Telegraph schreibt er: „Der Versuch, sich über das dreifache ,Nein’ des französischen, holländischen und irischen Volkes hinwegzusetzen, hat die EU in eine systemische Legitimationskrise gestürzt. Eine Grenze zuviel ist überschritten worden. Jeder empfindungsfähige Bürger kann jetzt sehen, daß der Prozeß aus den Angeln gehoben ist. Und während ,Europa’ weiter einen Bock nach dem anderen schießt, als ob nichts geschehen wäre, stellen sich jetzt einige offene Fragen: Wird der Europäische Vertrag, die Europäische Verfassung, jemals verwirklicht? Wird die EU jemals über die Maschinerie einer wirtschaftlichen, diplomatischen und militärischen Macht verfügen? Wird der Euro jemals die politische Ordnung als Fundament bekommen, die er braucht? Von nun an wird Brüssel Schwierigkeiten haben, die angehäufte Macht zu behalten. Die Aufgaben werden zurück an die Nationalstaaten gehen, dem angemessenen Schauplatz für authentische Demokratie.“
Man muß kein Freund von Ambrose Evans-Pritchard sein, aber wo er recht hat, hat er recht. Evans-Pritchard zitiert weiterhin frühere Warnungen der Bundesbank, daß die Europäische Währungsunion eventuell ohne den Zement der politischen Union in die Klemme geraten werde, also ohne europäisches Finanzministerium, ohne einheitliches Lohnsystem, und ohne eine gemeinsame Schulden- und Pensionskasse. Nun müßten die Eliten mit dem kommenden großen Euro- Sturm von 2008 bis 2009 mit den unzureichenden Instrumenten fertig werden, die sie hätten. Man wird an das Ibykus-Prinzip erinnert, daß in Schillers berühmtem Gedicht Die Kraniche des Ibykus dargestellt wird. Es gibt eine höhere Macht, die „richtend im Verborgnen wacht“, die Unrecht auf wundersame Weise gerade rückt, und die Missetäter werden von den Erynnien eingeholt, auch wenn sie sich schon in Sicherheit wähnten.
Erinnern wir uns an die Umstände, unter denen Deutschland die Europäische Währungsunion aufgezwungen wurde. Nach dem Fall der Mauer im November 1989 und dem Zehn-Punkte-Programm Helmut Kohls, in dem er eine enge Zusammenarbeit zweier Konföderierter Staaten bis zur Föderation gefordert hatte, eskalierte Margret Thatcher die Vierte-Reich-Kampagne gegen Deutschland, und Francois Mitterand drohte, Frankreich werde der Wiedervereinigung nur zustimmen, wenn Deutschland die D-Mark aufgäbe und der vorgezogenen Währungsunion zustimmte. Mitterand-Berater Attali schrieb später in der Biographie über seinen Boss, dieser habe Kohl sogar mit Krieg und der Neuauflage der Triple Entente gedroht, falls er dieser Forderung nicht nachgäbe. Zwei Tage später wurde der enge Berater Kohls, Alfred Herrhausen ermordet, und der Druck, dem sich Kohl auf dem EU-Gipfel in Straßburg Anfang Dezember ausgesetzt sah, die D-Mark aufzugeben, bezeichnete er später als die schwärzesten Stunden seines Lebens.
Es war damals allen, die von Wirtschaft Ahnung hatten, völlig klar, daß diese Währungsunion ohne eine politische Einheit Europas nicht funktionieren könnte. Sie könne als erzwungene Maßnahme nicht als Katalysator für die Einheit Europas wirken, sondern würde eher im Gegenteil die unterschiedlichen Interessen der verschieden Staaten um so deutlicher hervorbrechen lassen. Genau dies wird in dem kommenden „großen Euro-Sturm“ im Kontext der weltweiten hyperinflationären Explosion deutlich werden.
Der Versuch der europäischen Staatschefs, den Völkern Europas die Europäische Verfassung nach der Ablehnung durch Frankreich und Holland quasi im Tarnkappenverfahren als Lissaboner Vertrag unterzujubeln, hat sich nunmehr als Bumerang erwiesen. In den deutschen Medien wurde noch nicht einmal berichtet, daß Roman Herzog den EU-Vertrag als Versuch bezeichnet hatte, die parlamentarische Demokratie abzuschaffen! Tatsächlich ist der EU-Vertrag nach seinem eigenen Wortlaut nach dem Nein der Iren Makulatur, wie auch der tschechische Präsident Vaclav Klaus richtig feststellte.
Vaclav Klaus forderte in einer jüngsten Rede auch, daß Europa nun zu einer Zusammenarbeit wie vor dem Maastrichter Vertrag zurückkehren solle - eine durchaus richtige Überlegung. Denn die EZB versteht sich nicht als Lender of last Resort, und die nationalen Regierungen haben ohne Souveränität über ihre eigenen Währungen keinerlei Instrumentarium, um ihre Bevölkerungen vor den Auswirkungen der schon tobenden und noch stärker werdenden Finanzstürme zu schützen. Desgleichen sind die im Stabilitätspakt vorgeschriebenen Bedingungen ein Korsett, daß den Regierungen explizit staatliche Interventionen verbietet, die notwendig wären, um die jetzt voll ausbrechende Hyperinflation und Depression zu überwinden.
Die oft wiederholte These, Europa brauche den EU-Vertrag, müsse also in eine oligarchische Diktatur verwandelt werden, um „seine Rolle in der Welt“ behaupten zu können, ist schlichtweg Quatsch. Ein neoliberaler, militarisierter Superstaat, der meint, die Depression durch eine massive Kürzung des Lebensstandards seiner Bürger durchstehen zu können, das klingt doch sehr nach den Lehren des Professors Unsinn. Hjalmar Schacht läßt grüßen!
Je schneller die verschieden Staaten Europas die EU-Verträge aufkündigen, wozu sie völkerrechtlich absolut berechtigt sind, weil sie gegen die existentiellen Interessen verstoßen, desto schneller können sie in der Tradition des New Deal Franklin D. Roosevelts, Dr. Wilhelm Lautenbachs und des WTB-Plans des ADGB von 1931 die staatlichen Ankurbelungsprogramme in Gang setzen, die notwendig sind, um die produktive Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen und zu einer produktiven Vollbeschäftigung zu gelangen. Nichts spricht dagegen, daß die Nationen Europas dann als souveräne Staaten gemeinsam als ein Europa der Vaterländer internationale Aufgaben bewältigen, wie z.B. die Zusammenarbeit beim Ausbau der Eurasischen Landbrücke und deren Verlängerung nach Afrika. Eine Brüsseler Bürokratie braucht man dafür nicht, wohl aber Wirtschaftswissenschafter, Ingenieure und Facharbeiter, die nichts von SIVs zu verstehen brauchen, dafür aber viel von der Physischen Ökonomie.
Auf dem kommenden G8-Gipfel in Japan wird der russische Präsident Medwedjew u.a. seine Absicht präsentieren, in den Gus-Staaten eine Rubel-Zone zu etablieren. Von Seiten der Entwicklungsländer wird die Forderung erhoben, die G8-Staaten sollten etwas Wirksames beschließen, um die Hungerskatastrophe zu überwinden. Die Gipfelteilnehmer werden sich an den von ihnen hervorgebrachten Lösungen messen lassen müssen. Ein wirklicher Ausweg liegt in den Vorschlägen Lyndon LaRouches für ein Neues Bretton Woods System auf dem Tisch.
Lesen Sie hierzu bitte auch: Nach Irlands „NEIN” zum EU-Vertrag: Jetzt alle alten EU-Verträge kündigen! - Neue Solidarität Nr. 24/2008 „Britisch-imperiale Freihandelslehre“ ist am Ende - Jetzt eine neue gerechte Weltwirtschaftsordnung! - Neue Solidarität Nr. 24/2008 Menschheit in existentieller Gefahr! Verdoppelt die Agrarproduktion! - Neue Solidarität Nr. 19/2008 Stellungnahmen und Reden der BüSo-Vorsitzenden - Internetseite der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo) |
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