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Aus der Neuen Solidarität Nr. 27/2008 |
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Destabilisierung. Während die Massenmedien Robert Mugabe vorwerfen, er verfolge seine Gegner mit Gewalt und Morden, tragen diese Gewalttaten die typische Handschrift der „Selous Scouts“ und ähnlicher Operationen, mit denen die Kolonialherren in den achtziger Jahren gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen vorgingen.
Die massive und unaufhörliche Kampagne der Massenmedien gegen Simbabwes Präsident Robert Mugabe, dem sie vorwerfen, er betreibe eine Gewalt- und Mordkampagne im Präsidentschaftswahlkampf gegen Morgan Tsvangirai, hat sich als Deckmantel für eine klassisch-britische Kolonialpolitik erwiesen, die vom britischen Empire schon seit fast 100 Jahren dazu verwendet wurde, um Bestrebungen auf nationale Unabhängigkeit in den Kolonien zu bekämpfen.
Simbabwes ständiger Vertreter bei den Vereinten Nationen, Botschafter Boniface Chidyausiku, neutralisierte eine von den Briten veranlaßte Sitzung des UN-Sicherheitsrates, indem er den Mitgliedern des Rates erklärte, es habe „zahlreiche Fälle gegeben, in denen Unterstützer der MDC-T mit den Insignien der ZANU-PF herumgegangen sind und Menschen zusammengeschlagen haben“. Die Bewegung für Demokratischen Wandel-T ist die Partei Tsvangirais, die ZANU-PF die Partei von Präsident Robert Mugabe.
„Das ist eine altmodische Strategie, die von den Selous Scouts während des Unabhängigkeitskampfes angewendet wurde“, sagte Chidyausiku, „und da die Selous Scouts in der MDC-T dominieren, ist offensichtlich, was da vor sich geht.“ Schon einen Tag zuvor hatte EIR in einer Erklärung auf die Ähnlichkeit der Gewaltkampagne in Simbabwe während des Wahlkampfes zum Vorgehen der Selous Scouts während des Befreiungskampfes hingewiesen. Chidyausikus Erklärung ist in einem Artikel des Zimbabwe Herald enthalten, der auf dem Internetportal allafrica.com veröffentlicht wurde.
Großbritannien hatte versucht, eine Resolution durch den UN-Sicherheitsrat zu bringen, in der die Stichwahl als illegitim und unglaubwürdig bezeichnet und gefordert wurde, daß Tsvangirai zum Präsidenten erklärt werden solle. Aber aufgrund der Aussagen von Botschafter Chidyausiku und dem Vertreter Südafrikas entschied der Sicherheitsrat, daß es juristisch unangemessen wäre, die Stichwahl abzusagen und den von den Briten unterstützten Tsvangirai ohne Wahl als Nachfolger Mugabes zu installieren, wie es die Briten forderten.
Bei Redaktionsschluß war das Ergebnis der Wahl noch nicht bekannt. Trotzdem ist es wichtig, diese britische Operation aufzudecken, die vermutlich auch nach der Wahl fortgesetzt werden wird. Schon jetzt bereitet Großbritannien militärische Einsatzpläne auf der Grundlage zweier Szenarien vor; eines für die Evakuierung britischer Staatsbürger, das andere für einen Einsatz zur „humanitären Hilfe“ unter UNO-Mandat.
Ganz im Sinne der Briten forderte Tsvangirai am 23. Juni die UNO auf, die Regierung von Simbabwe aktiv zu isolieren, Streitkräfte nach Simbabwe zu entsenden und Neuwahlen unter Beobachtung der UNO und der Afrikanischen Union durchzuführen. Der britische Premierminister Gordon Brown fordert schärfere Sanktionen, die dazu benutzt werden könnten, britische Banken und Unternehmen zur Einstellung ihrer Geschäfte in Simbabwe zu zwingen und auf diese Weise Simbabwe, das schon seit acht Jahren Opfer eines Wirtschaftskrieges ist, das Überleben noch weiter zu erschweren.
Die Gewalttaten und Morde der letzten Wochen richteten sich vor allem gegen Mitglieder der Oppositionspartei MDC. Diese beschuldigt nun die Regierung, hinter den Aktionen zu stehen, und die anglo-holländisch kontrollierte Presse schreit sofort Zeter und Mordio: die Regierung setze Gewalt ein, um die Wahlen zu beeinflussen. So wird das Land ins Chaos gestürzt und ein Klima für einen Staatsstreich geschaffen. Das Opfer ist die Bevölkerung Simbabwes, Regierungspartei und Opposition eingeschlossen. Die einzigen Gewinner sind die internationalen Rohstoffkartelle, die einen billigen Zugriff auf die Reichtümer Afrikas erzwingen wollen.
Ein Sprecher afrikanischer Militär- und Geheimdienstkreise berichtete jedoch der Nachrichtenagentur EIRNS, daß die Brutalität und professionelle Art der Tötungen und Gewalttaten im Vorfeld der simbabwischen Stichwahl am 27. Juni genau den Methoden der britischen Spezialeinheiten bei der Niederschlagung von Aufständen während Zimbabwes Unabhängigkeitskampfes gleiche. Beobachter aus dem Militär erklärten diesen Verdacht unter Verweis auf die letzte Phase des Unabhängigkeitskampfes in Rhodesien in den siebziger Jahren, in der die „Selous Scouts“ eine führende Rolle spielten. Diese Truppen sind nach Frederick C. Selous benannt, einem Jäger und Abenteurer, der eng mit dem berüchtigten Imperialisten und Rassisten Cecil Rhodes befreundet war.
Die Selous Scouts wurden in den frühen siebziger Jahren von Ronald Reid-Daly gegründet, einem gebürtigen Rhodesier und ehemaligen Mitglied der britischen Spezialeinheit SAS, der auch in Malaya gekämpft hatte. Sie sind eine modernere Version der von den Briten bereits in Kenia und Malaya (heute Malaysia) eingesetzten Einheiten, die in beiden Ländern die Unabhängigkeitsbestrebungen zunichte machen sollte.
Die Aufgabe der Selous Scouts war die Infiltration der Befreiungsbewegungen im damaligen Rhodesien und den benachbarten Ländern. Um dies möglichst unauffällig zu tun, war die große Mehrheit ihrer Mitglieder (80%) afrikanischer Herkunft. Diejenigen, die sich freiwillig für die Truppe meldeten, wurden eines so harten Auswahlverfahrens unterzogen, daß nur 15 % von ihnen durchhielten. Reid-Dalys Herangehensweise war es, den Willen eines Rekruten zu brechen, um ihn dann von Grund auf für die Anforderungen der Selous Scouts zurechtzubiegen.
Um als „Freiheitskämpfer“ durchzugehen, trugen sie Uniformen des Warschauer Paktes. So spürten sie Mitglieder der wirklichen Unabhängigkeitsbewegungen und ihre Unterstützer auf und waren Berichten zufolge für 68 % der im Unabhängigkeitskrieg getöteten Freiheitskämpfer verantwortlich, obwohl ihre Truppenstärke bei nur 700 - 1.000 Kämpfern lag.
Der Zimbabwean Guardian berichtete am 2. Juni, simbabwische Jugendliche unter den verarmten Wanderarbeitern würden in Südafrika von „ehemaligen“ Selous Scouts rekrutiert und ausgebildet. Die Tatsache, daß der Selous Scouts-Gründer Daly immer noch in Südafrika lebt, läßt diese Behauptung glaubwürdig erscheinen. Daly, ein typischer Söldner, ging 1982 aus Simbabwe nach Südafrika, wo er die Streitkräfte des ehemaligen „Staats“ Transkei leitete. Nach dem Ende der Apartheid arbeitete er im privaten Sicherheitssektor.
Britisch ausgebildete SAS-Spezialeinheiten sind immer noch in Afrika aktiv. In den neunziger Jahren dokumentierte EIRNS, daß diese Truppen aus den riesigen Wildreservaten heraus operieren. Die Reservate, quasi exterritoriale Gebiete, wurden von den Briten unter dem Vorwand des Schutzes vor Wilderern eingerichtet und sie sind nur eingeschränkt zugänglich.
Die Idee, daß die Briten „Pseudo-Operationen“ gegen Unterstützer der MDC-T betreiben, sollte man nicht leichtfertig abtun. Sie richten sich nicht nur gegen die MDC-T. Was die Massenmedien verschweigen, ist, daß auch die MDC selbst nach dem ersten, ergebnislosen Wahlgang, in ländlichen Regionen eine Säuberungskampagne gegen Unterstützer der ZANU-PF betrieb.
Aus Afrika wird berichtet, daß es exekutionsartige Mordanschläge gegen Mitglieder beider Parteien gab, die in eindeutig militärisch-paramilitärischer Manier durchgeführt wurden und an die Operationen der Selous Scouts erinnerten. Mehrere dieser Mordanschläge wurden im Osten des Landes nahe der Stadt Mutare an der Grenze zu Mosambik durchgeführt. Man fürchtet, daß Selous Scouts-artige Truppen von Mosambik aus im Süden Mutares durch den Chimanimani-Nationalpark nach Simbabwe kommen.
Dieser Park grenzt an das Naturreservat Conservacao TransForneira Chimanimani in Mosambik, der in den achtziger Jahren von Angehörigen der Renamo benutzt wurde, um nach dem Machtantritt der ZANU-PF Sabotageaktionen in Simbabwe durchzuführen. Die Renamo wurde vom südafrikanischen Apardheid-Regime finanziert, um einen Guerillakrieg gegen die linke Regierung der Frelimo in Mosambik zu führen, bis der dortige Bürgerkrieg durch ein Abkommen zwischen Renamo und Frelimo 1982 beendet wurde. Die Renamo ist nun die führende Oppositionspartei in Mosambik, und ihre politischen Hochburgen liegen in den Regionen, die an Simbabwe angrenzen. Sie sympathisiert mit der MDC-T.
Mosambik, das ärmste Land im südlichen Afrika, wurde in letzter Zeit mehr und mehr von der anglo-holländischen Oligarchie übernommen und wird von dieser als „Reform-Modell“ angepriesen. Nach dem Ende des Bürgerkrieges in Mosambik begann die britische Regierung - über solche Söldnertruppen wie Defense Systems Ltd. -, das Militär auszubilden sowie Plantagen und Minen zu bewachen, die von britischen Unternehmen aufgekauft wurden. In den letzten Jahren haben in London ansässige Hedgefonds und Bergbaukonzerne insgesamt 110.000 Quadratkilometer Agrarfläche aufgekauft, mehr als ein Achtel des gesamten Landes, um dort Biotreibstoffe zu produzieren. Auf diese Weise werden in einem Land, in dem der Hunger verbreitet ist, Söldner dazu eingesetzt, die verhindern sollen, daß die hungernde Bevölkerung Soja und andere Produkte für die Herstellung von Biotreibstoffen stiehlt.
Einige traditionelle Plantagen-Betreiber haben sich deshalb empört aus dem Land zurückgezogen. Die Natusa-Gruppe beispielsweise nannte dies ausdrücklich als Grund für ihren Rückzug. AllAfrica.com zitierte am 20. Juni Natusa-Direktor Joao Rodriguez: „Wie kann ich Treibstoffe aus Gemüseöl herstellen, wenn vor der Plantage Menschen leben, die kein Öl haben, um sich zu ernähren?“ Es sollte niemanden überraschen, daß der Hunger, der infolge der brutalen Wirtschaftssanktionen auch in Simbabwe verbreitet ist, infolge der anglo-holländischen Wirtschaftspolitik auch in Mosambik herrscht.
Dean Andromidas
Lesen Sie hierzu bitte auch: Die britische Destabilisierung Simbabwes: Teil der globalen Chaos-Strategie - Neue Solidarität Nr. 16/2008 Kenia: britisches Empire gegen Afrika - Neue Solidarität Nr. 2/2008 Afrika braucht einen New Deal - Neue Solidarität Nr. 48/2007 Die Heuchelei des Westens - Neue Solidarität Nr. 42/2007 Zeittafel des britischen Kampfes gegen Simbabwe - Neue Solidarität Nr. 38/2007 Lösungen für Afrika inmitten der Weltkrise - Neue Solidarität Nr. 38/2007 |
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