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Aus der Neuen Solidarität Nr. 26/2008 |
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Italien, China, OPEC fordern
Ende der Ölpreis-Spekulation
Auf dem Treffen der G8-Finanzminister am 13.-14. Juni
betonte der italienische Finanzminister Giulio Tremonti gegenüber seinen
Amtskollegen, daß der Preis für Erdöl und andere Rohstoffe durch Spekulation
nach oben getrieben werde, und er unterbreitete einen Vorschlag, durch härtere
Auflagen wieder Normalität bei den Preisen zu schaffen. Zwei seiner Kollegen,
Christine Lagarde aus Frankreich und Alexej Kudrin aus Rußland, äußerten
Zustimmung zu dem Vorschlag. US-Finanzminister Henry Paulson dagegen übte sich
in Vernebelung: „Was Finanzinvestoren, die Spekulation und ihre Rolle betrifft,
das sehen wir uns an, aber alle Fakten deuten auf Angebot und Nachfrage.“ In
ihrer gemeinsamen Erklärung einigten sich die Minister darauf, die Energy
Information Agency und den IWF mit einer Prüfung der Angelegenheit zu
beauftragen.
In einem Interview mit der
italienischen Tageszeitung Il Sole 24 Ore erläuterte Tremonti seinen
Vorschlag: Die vorgeschriebene Mindestrücklage für Termingeschäfte solle erhöht
werden - trotz des Widerstands der „Player auf hochspekulativen Märkten, wo
Rohstoff-Terminkontrakte gehandelt werden. Diese Märkte sind in London, New
York und Chicago.“ Deshalb sei die US-Delegation gegen den Vorschlag. Die
Mindestrücklage solle so weit erhöht werden, „wie es nötig ist, um die
spekulative Komponente des Preisanstiegs zu verringern. Das ist ein Mechanismus
zur Selbstregulierung der Märkte. Und da Spekulanten auf den Märkten aktiv
sind, wird das kein einfaches Vorgehen sein.“
Ein Journalist erwähnte, daß
u.a. die USA behaupteten, Spekulation sei für die Ölpreisinflation unerheblich,
und Tremonti antwortete: „Das Huhn, das gackert, ist immer das Huhn, das ein Ei
gelegt hat.“ Sein Vorschlag sei nicht zu vergleichen mit dem Vorschlag der
Tobin-Steuer (Strafsteuer auf Spekulationsgeschäfte), die „reine Ideologie“
sei. Der Preisanstieg bei Erdöl und Weizen sei inakzeptabel: „Er trifft die,
die weniger haben und wirft die Frage nach dem sozialen Konsens auf.“ Die
Zeitung merkt an, mit dem Niedergang der Finanzmärkte hätten „viele
institutionelle Anleger entschieden, einen Teil ihrer Aktivitäten von den
Finanzmärkten auf Öl und Weizen zu verlagern“.
Tremonti warnt, die Verarmung
der Mittelschicht „hatte in der Geschichte nur ein Resultat: Faschismus. Und
wir müssen eingreifen, solange wir noch Zeit dazu haben.“ Der italienische
Minister spricht hier für eine breite Front von Ländern, u.a. die
Ölförderländer und China, die die Spekulationen verurteilt haben und ein
Einschreiten auf den Terminmärkten für Öl fordern. Gegen sie steht die
US-Regierung als Marionette der Briten, die auch in den USA den spekulativen
Ölmarkt beherrschen. Einige Investmentbanken und Hedgefonds konnten Verluste
aus dem Finanzkollaps wettmachen, indem sie den Ölterminmarkt manipulieren, wo
für jedes real gelieferte Faß Öl bis zu 500 Fässer auf dem Papier gehandelt
werden. Viele andere Fonds drängen auf diesen Markt, den Großbanken wie Goldman
Sachs, Morgan Stanley und JP Morgan Chase beherrschen.
OPEC-Generalsekretär Abdalla
el-Badri sagte am 11. Juni, die OPEC wolle, daß auf dem kommenden Gipfel der
Ölförder- und -verbrauchsländer am 22. Juni im saudischen Dschidda die Rolle
der Energiespekulanten unter die Lupe genommen werde. Die Konferenz sei eigens
dazu einberufen, „den hohen Ölpreis anzupacken - warum er so hoch ist, wer
schuld daran ist. Ist es wirklich eine Knappheit auf dem Markt, die
Spekulation, oder der Dollar? Was läuft schief?“ Der saudische König Abdullah
sagte, weder das Angebot noch die Marktlage rechtfertigten den hohen Preis, und
er sei besorgt über die Folgen für die Weltwirtschaft, besonders in
Entwicklungsländern.
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