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Aus der Neuen Solidarität Nr. 19/2008

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Agrarexperte warnt vor neuer Kartoffel-Hungersnot

In einem Interview mit EIR warnte der Vorsitzende des Fungicide Resistance Action Committee (Aktionskomitee gegen Fungizidresistenz, FRAC), Andy Leadbeater, wenn die rigoroseste Version der gegenwärtigen EU-Vorschläge zur Pestizid-Regulierung durchgesetzt würde, drohten Ernteverluste von bis zu 100% etwa bei Kartoffeln. Es könne dann in Europa zu einer neuen Kartoffel-Hungersnot wie in Irland in der Mitte des 19. Jahrhunderts kommen. Aber auch andere Produkte wie z.B. Oliven in den Mittelmeerländern wären dann äußerst gefährdet.

Das Problem liege, so Leadbeater, im Übergang vom bisherigen Ansatz, der auf Schutz durch „Einschätzung des Risikos“ für die Gesundheit der Konsumenten beruht zu, einem Ansatz, der die „Gefahr an sich“ zur Grundlage der Einschätzung nimmt. Um dies zu erläutern, nannte er das Beispiel des elektrischen Stroms. Strom sei gefährlich, denn man könne sterben, wenn man die Drähte berührt. Aber es wird für einen ausreichenden Schutz durch Isolierung etc. gesorgt, so daß das Risiko so weit reduziert wird, daß eine breite Nutzung des Stroms möglich ist. Nach dem auf „Gefahr an sich“ beruhenden Ansatz müßte jedoch die Nutzung des Stroms generell untersagt werden. Im Fall von Pestiziden müßte nach diesem Ansatz der Gebrauch jeder Substanz, die für den Menschen gefährlich ist, wenn er sie direkt aufnimmt, untersagt werden, unabhängig davon, ob es im Ernteprodukt oder nach der Verarbeitung zum Konsumartikel keine, unbedeutende, oder noch erhebliche Rückstände gibt.

In der gegenwärtig von der EU vorgeschlagenen Gesetzgebung gebe es verschiedene Grade  von „Rigorosität“, sagte Leadbeater. Die grundlegende Vorschrift, 91/414, werde derzeit mit dem „Gefahr an sich“-Ansatz überprüft, und das Europa-Parlament habe der rigorosesten Version zugestimmt. Diese Version würde einen großen Teil der derzeit zugelassenen Pestizide verbieten, weil sie beim „Gefahr an sich“-Test durchfallen. Bei einer Konferenz in Ljubljana warnten daher mehrere Wissenschaftler, darunter auch Leadbeater, vor der Gefahr, daß eine Reihe von Schädlingen Resistenzen entwickeln könnten, so wie auch beim Menschen Krankheitserreger resistent gegen bestimmte Antibiotika werden.

Ein extremes Beispiel hierfür sei die Kartoffel, die dann keinen Schutz mehr gegen die gefährliche Spätfäule (Phytosphora Infestans) hätte, jene Krankheit, die die berüchtigte Kartoffel-Hungersnot in Irland 1846-1850 ausgelöst hatte. Weizen könnte schutzlos gegen Septoria werden, das bis zu 40% der Ernten zerstören könne, und es blieben auch nur sehr wenige Möglichkeiten, die Olivenbäume in den Mittelmeerländern vor Parasiten zu schützen.

Wissenschaftler warnen, daß jeweils mindestens drei oder vier verschiedene Maßnahmen ergriffen werden müssen, um den Schutz vor einzelnen Krankheiten zu garantieren. Eine Vorgehensweise sei es daher, den gleichen Parasiten durch verschiedene Chemikalien zu bekämpfen, um sicherzustellen, daß auch die Parasiten, die bereits eine Resistenz gegen einzelne Mittel entwickelt haben, durch ein anderes Mittel ausgeschaltet werden. Würde der rigoroseste Vorschlag von der EU in Kraft gesetzt werden, sei dies künftig nicht mehr möglich.

Die Wissenschaftler in Leadbeaters Gruppe haben Argumentationspapiere in den Institutionen auf europäischer und nationaler Ebene in Umlauf gesetzt, aber bisher noch keine öffentliche Kontroverse mit den EU-Regulatoren gesucht. Sie glauben, daß nun der richtige Zeitpunkt, die öffentliche Meinung anzusprechen, gekommen sei, da die weltweite Nahrungsmittelkrise die Intensivierung der Landwirtschaft zwingend nahelege. In der vergangenen Woche trafen sie sich auf Einladung der slowenischen Regierung, die derzeit den Vorsitz der EU innehat, in Ljubljana. Sie unterzeichneten eine an die slowenische Regierung gerichtete Erklärung, in der Hoffnung, daß man ihre Warnungen hört. Letztendlich muß der EU-Ministerrat entscheiden.

eir

 

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