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Aus der Neuen Solidarität Nr. 17/2008 |
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Ug99, eine aggressive neue Form des Weizenrosts (Puccinia graminis), ist inzwischen auch im Zentraliran aufgetreten, von wo entsprechend der vorherrschenden Windrichtung Billionen Sporen in die Weizenanbaugebiete Kasachstans und Rußlands, aber auch nach Pakistan und Indien getragen werden können. Da die Weizen- und Getreidevorräte weltweit in den letzten Jahren sowieso schon stark zurückgegangen und die Preise auf Rekordhöhe angestiegen sind, könnte ein Vordringen des Pilzes in diese Weizenproduktionsgebiete eine weltweite Hungerkatastrophe auslösen. Botaniker schätzen, daß rund 90% aller weltweit verwendeten Weizensorten anfällig für diese neue Form des Rosts sind.
Weizenrost löste von 1950-54 in den Vereinigten Staaten große Verheerungen aus und reduzierte die Erträge um bis zu 40%. Im Rahmen der „grünen Revolution“ Norman Borlaugs wurden als Reaktion auf diese regelmäßig wiederkehrenden Zerstörungen Weizensorten gezüchtet, die dauerhaft widerstandsfähig gegen diese Krankheit waren. Diese Strategie trug dazu bei, daß es in den letzten Jahrzehnten kaum Verluste durch Weizenrost gab. Aber in den letzten Jahren des „Freihandels“ und der von den Kartellen dominierten privaten Forschung gingen die staatlichen Forschungsgelder und der Fokus der Forschung auf die Widerstandsfähigkeit gegen Rost stark zurück. Tatsächlich befindet sich Borlaugs Internationales Zentrum für Weizen- und Maisforschung (CIMMYT) in Mexiko City in letzter Zeit in großen finanziellen Schwierigkeiten.
1999 wurde der Pilzstamm Ug99 erstmals in Uganda identifiziert. Er breitete sich schnell nach Kenia, Äthiopien und in andere Länder aus, wo ihm praktisch keine der örtlichen Weizensorten widerstehen konnte. Starke Winde bliesen den Pilz über das Rote Meer nach Jemen und von dort weiter in den Norden des Iran, Jahre bevor die Wissenschaftler dies erwartet hatten. Nun wird fieberhaft versucht, neue Sorten eines Ug99-resistenten Weizens zu züchten - ein Prozeß der fünf Jahre intensiver Laborforschung erfordern könnte, während sich der Pilz durch zahllose Sporen vermehrt, die vom Wind weiterverbreitet werden.
Im letzten Herbst wurde ein Crashprogramm und ein Frühwarnsystem gegen Weizenrost gebildet, die Borlaug Global Rust Initiative, die weitgehend unter dem Dach der Konsultationsgruppe für internationale Agrarforschung (CGIAR) arbeitet. Dieses Netzwerk von Forschungseinrichtungen in aller Welt geht auf eine Initiative von Franklin Roosevelt und seines Landwirtschaftsministers (und Vizepräsidenten), dem Pflanzengenetiker Henry Wallace zurück. Dank des wissenschaftlichen Fortschritts und seiner Anwendungen wurden Indien, die Philippinen und andere Nationen zu Selbstversorgern mit Getreide. All das ging in drei Jahrzehnten des Freihandels und der Globalisierung verloren.
Am 10. und 11. März traf sich eine größere Gruppe von Vertretern des CGIAR und amerikanischer Behörden in Syrien, um den Kampf gegen Ug-99 in Zusammenarbeit mit Vertretern eines Dutzends nationaler Forschungssysteme - meist aus Ländern, die bereits betroffen sind oder auf dem Weg des sich ausbreitenden Pilzes liegen - zu verstärken. Die wichtigste Frage war: Woher das Geld nehmen?
Ein prominenter Teilnehmer der März-Konferenz war die Cornell-Universität, der die Bill und Melinda Gates-Stiftung gerade 26,8 Mio. $ gespendet hat, um eine weitere neue globale Partnerschaft namens „Projekt dauerhafte Rostresistenz im Weizen“ anzuführen und den Kampf für die Entwicklung einer neuen Generation rostresistenter Weizensorten zu organisieren und zu führen. Dem war eine ähnliche Initiative im Januar vorangegangen, als Bill Gates einer weiteren unterfinanzierten CGIAR-Einrichtung, dem Internationalen Reisforschungsinstitut (IRRI) auf den Philippinen, eine Millionen-Spende gab. Das IRRI ist ebenfalls ein Erbe der von FDR eingeleiteten grünen Revolution, das sich in finanziellen Schwierigkeiten befindet.
Diese Mittel sind zwar dringend notwendig, um den Kampf gegen Pflanzen- und Tierkrankheiten und für die Ausweitung der Erträge zu führen. Aber die Spenden von Bill Gates und Warren Buffett sind kein ausreichender Ersatz für eine Rückkehr zu staatlichen Forschungs- und Entwicklungprogrammen und wirtschaftlicher Entwicklung generell.
Christine Craig
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