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Aus der Neuen Solidarität Nr. 16/2008 |
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Von Helga Zepp-LaRouche
Wie die Weltfinanzkrise von Menschen gemacht ist, liegen auch die Ursachen für die sich ausbreitenden Hungerkatastrophen in einer völlig verfehlten Politik und der falschen Axiome, die ihr zugrunde liegen. Zur Lösung der Krisen müssen die Axiome über Bord geworfen werden. Wie das Beispiel von Prinz Philipp zeigt, hat der Wahnsinn Methode.
Es passiert nun genau das, was absolut vorhersehbar war: In 33 (!) Nationen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas ist es zu einer Explosion von Hungerkatastrophen und Hungeraufständen gekommen. Die Welt steht zweifellos am Beginn eines Hunger- Tsunamis, der ebenso die direkte Folge des Versuches der Zentralbanken ist, den Zusammenbruch des hoffnungslos bankrotten Weltfinanzsystem durch die Injektion immer neuer Liquidität hinauszuschieben, wie die Schuld der Spekulanten, die sich auf den Nahrungsmittelsektor geworfen haben, und die Folge der menschenverachtenden Vernichtung von Nahrungsmitteln für die Produktion von Biotreibstoffen.
Die Weltbank hat nun Zahlen veröffentlicht, nach denen der Preis für Weizen in den vorangegangenen 36 Monaten bis Februar um 181 Prozent (!) angestiegen ist und Nahrungsmittel während der gleichen Zeit 83 Prozent(!) teurer geworden sind. Wenn weltweite Aufstände, eine Milliarde Menschenleben bedrohende Hungerkatastrophe und der Absturz in ein neues dunkles Zeitalter verhindert werden sollen, dann muß die kriminelle Vernichtung von Nahrungsmitteln für Biotreibstoff sofort beendet werden und ein weltweites Crash-Programm für die Verdopplung der Produktion von Nahrungsmitteln in Gang gesetzt werden!
Um es zu verdeutlichen: Hungeraufstände und Proteste fanden statt in Liberia, Nigeria, Senegal, Elfenbeinküste, Ägypten, Kamerun, Burkina Faso, Mauretanien, Kenia, Mosambik, Usbekistan, Jemen, Jordanien, Bolivien, Indonesien, Haiti, Guatemala, Nikaragua, Honduras, El Salvador; in weiteren Nationen zeichnen sie sich ab. Für viele Länder und rund zwei Milliarden Menschen, die ohnehin seit Jahrzehnten an Unterernährung leiden, bedeutet die derzeitige, hyperinflationäre Preisexplosion die Existenzfrage.
Obwohl es jedermann spätestens nach dem Ausbruch der Endphase des systemischen Kollapses des globalen Finanzsystems im Juli 2007 hätte klar sein müssen, daß diese Hungerkatastrophe sehr bald die Armen dieser Welt und vor allem natürlich die Entwicklungsländer treffen würde, sind die Hungeraufstände und die Nahrungsmittelpreisinflation plötzlich Gegenstand von zahllosen Konferenzen, Erklärungen und Medienberichten. Aber anstatt die wirklichen Ursachen zu nennen, bedient sich vor allem die Finanzpresse - vom Economist und der Financial Times bis hin zum Wall Street Journal - der alten malthusianischen Argumentation, daß zu viele Menschen immer besser essen wollten. Gleichzeitig attackieren sie Länder wie Indien oder China, die durch Exportrestriktionen die Versorgung ihrer eigenen Bevölkerung zu schützen versuchen, und bestehen weiter auf Freihandel.
In Wirklichkeit handelt es sich um die Bankrotterklärung der Globalisierung, die jahrzehntelang nach dem Motto „Billig kaufen, teuer verkaufen” die sogenannten Billigproduktionsländer gezwungen hat, Nahrungsmittel zu exportieren, obwohl die eigene Bevölkerung nicht ausreichend versorgt war. Aber vor allem die Verwendung von Mais, Getreide, Soja und anderen landwirtschaftlichen Produkten für die Erzeugung von Biotreibstoff, also der Vernichtung eines höherwertigen in ein minderwertiges Produkt, hat einen großen Anteil an der Preisexplosion. Man muß Fidel Castro nicht in allem Recht geben, um seiner Prognose zuzustimmen, daß der Versuch, einen erheblichen Teil des Energiebedarfs durch Biotreibstoffe zu decken, potentiell drei Milliarden Menschen das Leben kosten würde.
Das offensichtliche Äthanol-Debakel hat deutlich gemacht, daß nicht nur viele Autos, sondern auch die Umwelt und die Landwirtschaft den Biosprit nicht verkraften können. Tropenwälder wurden gerodet und Moore trockengelegt, und obendrein verteuerten sich die Futtermittel. Es ist also ein Skandal, wenn Umweltminister Gabriel in ideologischer Verbohrtheit weiterhin darauf besteht, daß 2009 wie geplant der Anteil von Biodiesel von jetzt 5 auf 7 Prozent steigen soll. Wenn der tschechische Präsident Vaclav Klaus den „Ökologismus” für die größte Bedrohung der Menschheit hält, dann hat er, betrachtet man die Auswirkungen in Bezug auf die Welthungerkatastrophe, mit Sicherheit eine der größten Gefahren erkannt.
In eine völlig andere Richtung ging die Diskussion auf dem Gipfel zwischen Indien und der Afrikanischen Union (AU), der soeben in New Delhi stattgefunden hat. Eine ganze Reihe von Rednern machte die Verwandlung von Nahrungsmitteln in Biotreibstoff für einen großen Teil der Nahrungsmittelpreisexplosion verantwortlich. Es wurde darauf hingewiesen, daß alleine in den USA seit 2006 acht Millionen Hektar, auf denen zuvor Mais, Getreide und Soja für Nahrungsmittel und Futter angebaut wurden, zur Produktion von Biotreibstoffen genutzt wurden. 2008 sollen 18 Prozent der amerikanischen Getreideproduktion für Biosprit verschwendet werden, und ähnliche Anteile in Brasilien, Argentinien, Kanada und Osteuropa, während Hunderte von Millionen Menschen vom Hungertod bedroht sind!
Dieser Afrika-Indien-Gipfel zeigte allerdings auch, welche Herangehensweise heute gebraucht wird. So betonte der Generaldirektor der UN-Organisation für industrielle Entwicklung (UNIDO), Kandeh K. Yumkella, daß eine solide Zusammenarbeit zwischen Indien und Afrika im Bereich der Landwirtschaft die Welt ernähren könnte. Indien verfüge über die technologischen Kapazitäten, und Afrika über das Land und die Arbeitskräfte.
Yumkella verwies auf die „Grüne Revolution“ in Indien in den siebziger und achtziger Jahren, in der bewiesen worden sei, daß Technologie die Produktivität und den Ertrag der Getreideproduktion in allerkürzester Zeit dramatisch steigern könne. Aber ähnliche Verbesserungen müßten auch bei der Weiterverarbeitung und dem Transport der Nahrungsmittel erreicht werden. Der indische Premierminister Singh versprach Afrika die Hilfe Indiens bei der Lösung der Nahrungsmittelkatastrophe.
Die AU hat zweifellos diesen Gipfel mit dem EU-AU-Gipfel in Lissabon Ende letzten Jahres verglichen, bei dem Kanzlerin Merkel sich nicht nur zum Sprachrohr für Gordon Brown und seine Politik der Rekolonialisierung Afrikas gemacht hatte, sondern eine wirkliche Hilfe für Afrika fehlte. Zwar hat die EU Afrika die Erhöhung der Hilfe auf zwei Milliarden Euro versprochen, was aber angesichts der Dimension der Notlage und angesichts der Hunderte von Milliarden, die zur vermeintlichen Rettung der Banken verpulvert werden, nur die berühmten „Peanuts“ sind. Und anstatt sich über das Engagement Chinas, Rußlands und Indiens in Afrika beim Aufbau von Infrastruktur aufzuregen, sollten sich die europäischen Nationen lieber ein Beispiel an diesen Ländern nehmen und ebenfalls dazu beitragen, die Ursachen für die Verletzlichkeit des afrikanischen Kontinents zu beseitigen, die in dem weitgehenden Mangel an Infrastruktur liegen.
Die jetzt explodierende Welthungerkatastrophe ist die Bankrotterklärung der Globalisierung, die lediglich unterstreicht, daß das System der freien Marktwirtschaft heute um einiges bankrotter ist, als der Kommunismus zwischen 1989 und 1991 gewesen war. Und man soll sich an die Worte von Papst Johannes Paul II erinnern, der den Kollaps des Comecon mit den Worten kommentierte, man solle aus dem Zusammenbruch des kommunistischen System nicht den Schluß ziehen, daß das System der Freien Marktwirtschaft moralischer sei, dies werde offensichtlich, wenn man die Lage der Entwicklungsländer betrachte.
Es gibt keinen vernünftigen Grund, nicht sofort ein ganzes Paket von Maßnahmen umzusetzen, um die Welthungerkatastrophe so schnell wie möglich zu überwinden. Ziel muß sein, den Welthunger und die schon vor Ausbruch der jetzigen Krise bestehende Unterernährung von etwa einem Drittel aller Menschen endgültig zu überwinden.
Dazu brauchen wir:
Da die globale Hungerkatastrophe nur die Auswirkung des Zusammenbruchs des Weltfinanzsystems ist, muß umgehend die Frage einer neuen Finanzarchitektur, eines Neuen Bretton Woods Systems auf die Tagesordnung gesetzt werden.
Da jeder vernünftige Mensch weiß, daß es einfach wäre, das Problem zu lösen, vorrausgesetzt, der politische Wille würde aufgebracht, müssen sich die Verantwortlichen an diesem Maßstab messen lassen. Die Welt besitzt heute alle technologischen und industriellen Kapazitäten, um in kürzester Zeit einen globalen Marshall Plan, einen globalen New Deal zu verwirklichen.
Die internationale Finanzoligarchie, die heute dabei ist, das Britische Empire zum Weltreich auszubauen, mit einem geschwächten Amerika als Satrapie jenseits des Atlantiks und einer EU-Diktatur, die die Nationen des europäischen Kontinents jeglicher Souveränität zu berauben droht, ist fest entschlossen, die Welt eher in ein neues finsteres Zeitalter zu stürzen, als einer Reorganisation des Weltfinanzsystems und der Weltwirtschaftsordnung zuzustimmen.
Nicht wenige von ihnen sehen im Gegenteil in den vier Reitern der Apokalypse ein durchaus probates Mittel, die ihrer Ansicht nach existierende „Überbevölkerung“ zu eliminieren. So gibt es zahlreiche Äußerungen von Prinz Philip, in denen er seinen Wunsch ausgesprochen hat, dem Problem der angeblichen Überbevölkerung dadurch beizukommen, daß er z.B. als „besonders tödliches Virus” wiedergeboren werden möchte.
So schrieb er bereits 1988 in der Einleitung zum Kapitel „Der Bevölkerungsfaktor” in seinem Buch Down to Earth: „Was als ‚Gleichgewicht der Natur’ beschrieben ist, ist einfach nur die Eigenschaft der Natur, sich selbst zu begrenzen. Fruchtbarkeit und Zuchterfolge schaffen den Überschuß, der die Verluste wieder ausgleicht. Ausbeutung, klimatologische Unterschiede, Krankheiten, und Hunger - und im Fall des unangemessen so genannten Homo Sapiens, Kriege und Terrorismus - sind die hauptsächlichen Mittel, durch die die Bevölkerung unter einer bestimmten Kontrolle gehalten wird.
Und in einem Interview in People sagte er am 21.Dezember 1981: „Bevölkerungswachstum ist möglicherweise die größte Bedrohung für das Überleben. Wir stehen vor einer größeren Katastrophe, wenn es nicht verlangsamt wird - nicht nur für die Natur, sondern für die Menschen. Je mehr Menschen es gibt, desto mehr Rohstoffe verbrauchen sie, desto mehr Umweltverschmutzung produzieren sie und desto mehr Kriege werden sie führen. Wir haben keine Wahl. Wenn wir die Bevölkerung nicht freiwillig kontrollieren, wird sie unfreiwillig durch die Ausbreitung von Krankheit, Hunger und Krieg reguliert.”
Die sich rapide verstärkende Welthungerkatastrophe ist der Test für alle Regierungen dieser Welt. Es ist allerhöchste Zeit, die politischen Axiome über Bord zu werfen, die für die sich abzeichnende existentielle Krise der Menschheit verantwortlich sind. Und dazu gehören vor allem Neoliberalismus, Malthusianismus und Ökologismus, Imperialismus und Kolonialismus.
Was wir statt dessen brauchen ist eine Welt der souveränen Nationalstaaten, die gemeinsam auf der Basis der Prinzipien des „Westfälischen Friedens“, d.h. im Interesse des anderen, für die Ziele der Menschheit zusammenarbeiten. Die absolute Voraussetzung dafür ist das von Lyndon LaRouche seit langem vorgeschlagene neue Bretton-Woods-System. Haben wir in Europa die moralische Kraft, uns für diese Perspektive zu entscheiden?
Lesen Sie hierzu bitte auch: Ausrichtung auf den Countdown: Wollen wir wirklich den Dritten Weltkrieg? - Neue Solidarität Nr. 15/2008 Britisches Empire destabilisiert die Welt - Deshalb: Neues Bretton Woods jetzt! - Neue Solidarität Nr. 14/2008 NEIN zum europäischen Empire! EU-Militarisierung muß gestoppt werden! - Neue Solidarität Nr. 12-13/2008 Die Globalisierung ist gescheitert! Widerstand gegen EU-Vertrag wächst! - Neue Solidarität Nr. 11/2008 EU-Vertrag soll Demokratie abschaffen! Volksentscheid über den Lissaboner Vertrag! - Neue Solidarität Nr. 9/2008 Stellungnahmen und Reden der BüSo-Vorsitzenden - Internetseite der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo) |
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