[an error occurred while processing this directive] |
|
|
| Kernthemen | Suchen | Abonnieren | Leserforum |
|
Aus der Neuen Solidarität Nr. 6/2007 |
|
|
|
Schon im Dezember fand in Los Angeles eine Veranstaltung des Demokratischen Klubs für das Erbe Franklin Roosevelts statt, in der es um die politische Bedeutung der Kunst ging.
Der „Demokratische Klub für das Erbe Franklin Roosevelts“, ein Club innerhalb der Demokratischen Partei in Kalifornien, hatte am 14. Dezember in Los Angeles zu einem ungewöhnlichen Thema geladen: die Rolle des Individuums bei der Durchsetzung einer schönen Kultur zur Gestaltung des politischen Lebens. Harley Schlanger, Sprecher des LaRouche-Aktionskomitees für den westlichen Teil der USA, faßte das Thema so zusammen: „Ihr müßt dafür kämpfen, daß immer wieder Dinge geschaffen werden, die vorher noch nicht existiert haben. Setzt euch mit allem, was ihr habt, dafür ein, die Welt und euch selbst ständig zu verändern!“
Die 70 Gäste wurden von einem Gesangsquintett der LaRouche-Jugendbewegung (LYM) begrüßt, das zwei Sätze aus Johann Sebastian Bachs Motette „Jesu, meine Freude“ vortrug. Das Kirchenlied feierte ursprünglich das Ende des Dreißigjährigen Krieges mit dem Westfälischen Frieden von 1648, durch den eine Weltordnung souveräner Staaten geschaffen wurde, von der Politiker wie Henry Kissinger, Condoleezza Rice oder Tony Blair behaupten, ihre Zeit sei jetzt um.
Das Quintett der LYM sang die Abschnitte „Unter deinen Schirmen“ und „Denn das Gesetz“ aus der Motette. Die Worte „Unter deinen Schirmen bin ich vor den Stürmen aller Feinde frei“ waren der Lage nur zu angemessen: Angesichts der stürmischen Gefahren eines Finanzkrachs und eines neuen Krieges wollten wir mit dieser Veranstaltung alle Reste von Pessimismus, Zweifel und Angst in der Bevölkerung nach der Kongreßwahl vertreiben.
Schlanger gab dann einen Bericht über die Weltlage und beantwortete gleich zu Beginn eine Frage, die sich viele im Publikum stellten, nachdem hier eine politische Veranstaltung mit klassischer Musik eröffnet worden war: „Warum hat Lyndon LaRouche klassische Musik in das Curriculum der Jugendbewegung aufgenommen? Nun, durch die Wahl vom 7. November gibt es eine große Veränderung und ein großes Potential, aber um dieses Potential zu verwirklichen, ist hohe Konzentration erforderlich. Und die gleiche Konzentration des Denkens braucht man für die Aufführung von Musik.“
Schlanger sprach über den Kampf für ein Absetzungsverfahren gegen Cheney und Bush. Viele Politiker hielten die Idee anfangs für verrückt und glaubten nicht, daß die Amerikaner ein solches Verfahren wegen des Irakkrieges wollten. „Aber seht euch die Todesrate im Irak an. Wir haben einen Präsidenten, der sagt: Besser die Leute sterben dort als hier bei uns. Die LYM entschied, das nicht länger zu tolerieren. Und bei der Nachwahl zum Kongreß in Texas am 12. Dezember schuf die LYM eine Massenwirkung, woraufhin auch Bill Clinton kam und für einen Erdrutschsieg der Demokraten mobilisierte. Er nannte Bush einen imperialen Präsidenten, der eine imperiale Politik betreibt.“
Harley Schlanger erinnerte sich an eine Veranstaltung der LaRouche-Bewegung vor langer Zeit, in der es um Alternativen zum Vietnamkrieg ging. Damals hätten die meisten Leute geglaubt, man habe dabei nur die Wahl zwischen Sozialismus und Faschismus. LaRouche dagegen habe die Schrift „Zur Verteidigung der Poesie“ des Dichters Percy B. Shelley bekanntgemacht. Darin schreibt Shelley, in Krisenzeiten werde es besser möglich, grundlegende Vorstellungen über den Menschen und die Natur zu vermitteln. Ganz anders sei aber die moderne Musik und Dichtung heute. Da höre man immer wieder Variationen zum selben Thema: „Meine Frau ist mit meinem besten Freund durchgebrannt, und der Freund fehlt mir wirklich sehr.“ Die Menschen seien verärgert und frustriert, aber sie wüßten nicht, wie sie darüber hinwegkommen und es ins Positive wenden könnten.
Schlanger verwies auf eine Rede, die Helga Zepp-LaRouche kürzlich in Frankreich gehalten hatte. Darin sagte sie, die Menschen müßten lernen, sich von der Kraft der größten Geister anstecken zu lassen. Diese emotionale Kraft öffne uns den Weg zur Kreativität. Sie liege im Mitleid, in dem die Staatskunst sich mit dem Schönen verbindet. Dazu brauche man die Erfahrung der Werke der großen Denker. (Die Rede wird in einer der kommenden Ausgaben in der Neuen Solidarität erscheinen, Red.)
Schlanger schloß mit den Worten: „Wir haben eine gewaltige Aufgabe vor uns. Wir brauchen jetzt einen intensiven Dialog zwischen den Kongreßabgeordneten und der Bevölkerung. Warum sollten wir nicht endlich die Globalisierung ganz aufgeben, statt nur ein bißchen den Mindestlohn zu erhöhen und die Preise für Medikamente zu senken? Warum sollten wir nicht wieder Menschen auf den Mond schicken? Nicht weil das so leicht wäre, sondern gerade weil es nicht leicht ist! Wir müssen in den Menschen die tiefsten Quellen von Leidenschaft und Mitleid anregen, damit sie die Aufgaben unserer Zeit anpacken.“
Danach spielten der Bratscher Andrew Duckles - ein Schüler Norbert Brainins, des Primgeigers des weltberühmten Amadeus-Quartetts - und der Geiger Dan Levin zum Abschluß des Mozartjahres eine Sonate von Wolfgang Amadeus Mozart. Sie erzeugten einen intensiven Dialog der beiden Instrumente. Das Publikum lächelte die ganze Zeit - und die beiden Künstler lächelten auch. Man hätte meinen können, sie hätten wochenlang geübt, aber Duckles verriet in der Diskussion, daß sie nur eine einzige gemeinsame Probe hatten. Ein Gast fragte: „Warum hat Mozart diese Musik geschrieben?“ Levin antwortete: „Mozart wurde nur 35 Jahre alt, er starb sehr jung. Er schrieb 41 Sinfonien und hat wahrscheinlich schon damit angefangen, als er vier Jahre alt war. Mozart war so voller Leben, er liebte das Leben - und er liebte die Menschen.“ Darauf angesprochen, warum sie sich an manchen Stellen des Stücks angelächelt hätten, antwortete Duckles: „Wenn ich Mozart spiele, dann habe ich das Gefühl: ,Toll, ich kann gar nicht glauben, daß ich das gerade gespielt habe!’ Es ist wunderbar, das so weiterzugeben, statt nur darüber zu reden. Ich bin kein Redner, ich rede lieber durch die Musik.“
Der letzte Redner war Robert Beltran, ein klassischer Schauspieler, der seit etwa fünf Jahren mit der LaRouche-Jugendbewegung zusammenarbeitet. Er gab zunächst Beispiele für den Niedergang von Kunst, Musik und Kultur. Das sei ein „langer Bogen des Verfalls und der Unmoral“; er nannte u.a. Nietzsche, Wagner, Kant, Darwin, Freud und andere ihrer Art. Er rezitierte Gedichte von Dichtern des 19. und 20. Jh. wie Matthew Arnold, Thomas Hardy, Ezra Pound und T.S. Eliot, in denen so banale Zeilen enthalten waren wie: „Eine Minute Zeit für Entscheidungen und Revisionen, die eine Minute rückgängig machen wird... Ich habe mein Leben mit Kaffeelöffeln abgemessen“ - so T.S. Eliot 1919 im Liebeslied des J. Alfred Prufrock.
Dem stellte Beltran einige klassische Werke gegenüber: zwei Sonette Shakespeares, zwei Gedichte von John Keats und Percy Shelleys großartiges Gedicht Ozimandias. Dieses Gedicht paßt gut auf Bush und Cheney. Ozimandias ist eine politische Lektion für all jene, die nicht wissen, wohin ein Empire führt. Beltran rezitierte auch Über den Frieden von Keats, einen Aufruf an Europa, sich nach dem Vorbild der gerade gegründeten Vereinigten Staaten aus den Ketten der Imperien zu befreien.
In der abschließenden Diskussion wurde das Publikum aufgefordert, seine Verantwortung als Teil der Gesellschaft wahrzunehmen und leidenschaftlich daran zu arbeiten, sein Selbstverständnis so zu verändern, daß man eine neue Renaissance schaffen kann. Beltran wurde gefragt: „Wie erhebt man eine Gesellschaft in einer Welt, die abgestumpft und ohne Schönheit ist?“ Er antwortete: „Ich kann nur hoffen, daß ihr Projekte habt, die es wert sind, seine Zeit darauf zu verwenden. Ihr müßt selbst damit anfangen. Wie die Musiker (Duckles und Levin) schon sagten: Du tust es, weil es in dir ist. Die Welt braucht große Dichtung, einen großartigen Gesang.“
Die letzte Frage betraf einen persönlicheren Aspekt des Kampfes für eine Renaissance: „Ist die Welt überhaupt bereit für gute Dichtung? Gibt es eine passende Polemik, um Menschen für Poesie zu interessieren?“ Beltran antwortete, jeder Mensch habe das Potential, Dichtung zu verstehen, sogar Kinder. Leider würden sie in der Schule eher verdummt und gar nicht an Gedichte herangeführt. Schlanger fügte hinzu: „Das liegt daran, inwieweit Menschen, die eigentlich große Ideen erzeugen können, dem Pessimismus verfallen. Die großen Ideen entstehen in bestimmten Momenten der Geschichte. Auf dem kulturellen Niveau, das wir jetzt haben, kann unsere Gesellschaft jedenfalls nicht überleben.“ Er nannte zum Vergleich den weltweiten Wassermangel: „Da reicht es nicht, bloß die Statistiken über die Krise zu zeigen. Man muß die Menschen anregen, zu handeln. Wir sind am Ende einer Ära angekommen, es kommt eine notwendige Veränderung. Wir müssen uns eine Gesellschaft aufbauen, die heute noch nicht existiert.“
Die Gesellschaft werde sich ändern, wenn einzelne ihr Leben einsetzen und erhaben handeln. „Hört die Poesie in den Reden von Martin Luther King und Amelia Boynton Robinson. Wie Shelley sagte: Die Dichter sind die unerkannten Gesetzgeber der Welt.“ Das sei eine Frage des Muts des einzelnen, aber es gehe um viel mehr als um uns als Einzelmenschen. „Die Kultur steht im Mittelpunkt des politischen Lebens“, schloß Schlanger. Hätten wir eine Kultur, mit der die Gesellschaft überleben kann, bräuchte man das erst gar nicht zu sagen.
Doug Mitchell, LYM Los Angeles
Lesen Sie hierzu bitte auch:
Bach, Belcanto und die neue Renaissance in Amerika - Neue Solidarität Nr. 6/2007 Internetseite der LaRouche-Jugendbewegung in Deutschland Internetseite der internationalen LaRouche-Jugendbewegung - in englischer Sprache |
|
| Kernthemen | Suchen | Abonnieren>Leserforum |