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Aus der Neuen Solidarität Nr. 6/2007 |
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Das Gerichtsverfahren gegen Lewis „Scooter“ Libby, den früheren Sicherheitsberater und Stabschef von US-Vizepräsident Dick Cheney, liefert immer mehr Beweise dafür, daß Cheney höchstpersönlich die Kampagne gegen seinen Kritiker Joe Wilson geleitet und die Rechtsbrüche seiner Mitarbeiter persönlich angeordnet hat. Damit wächst der Druck auf Präsident Bush, sich seines Vizepräsidenten zu entledigen, um einem Impeachment im Kongreß zuvorzukommen.
Praktisch unbeachtet von den deutschen Medien braut sich in Washington ein Sturm zusammen, der sehr schnell zum Sturz des Oberfalken und „heimlichen Präsidenten“, Vizepräsident Dick Cheney, führen kann. Im Kongreß laufen Anhörungen über Verfehlungen der Regierung, besonders im Zusammenhang mit dem Irakkrieg, die mit Watergate verglichen werden. Gleichzeitig läuft das Gerichtsverfahren gegen Cheneys früheren Sicherheitsberater und Stabschef Lewis „Scooter“ Libby wegen Meineids und Behinderung der Justiz, und beides schafft eine hervorragende Gelegenheit, den Vizepräsidenten zu stürzen. Und Cheney selbst liefert täglich neue Gründe, gegen ihn vorzugehen.
Am 23. Januar dokumentierte Sonderstaatsanwalt Patrick Fitzgerald vor Gericht, daß Cheney die illegale Kampagne gegen einen hochrangigen und gefährlichen Kritiker, den früheren Botschafter Joe Wilson, persönlich leitete. Um Wilson zu diskreditieren, ließ sein Büro an die Presse durchsickern, daß Wilsons Ehefrau Valerie Plame eine Geheimagentin der CIA war, die mit der Suche nach Massenvernichtungswaffen im Irak befaßt war.
Am 24. Januar trat Cheney im nationalen Fernsehen auf und kündigte an, daß das Weiße Haus sämtliche Resolutionen des Kongresses gegen eine Truppenverstärkung im Irak ignorieren werde. In einem Interview mit Wolf Blitzer (CNN), der ihn auf die Resolution des Senats gegen die Truppenverstärkung ansprach, die der Außenpolitische Ausschuß gerade beschlossen hatte, prahlte Cheney: „Das wird uns nicht aufhalten... wir gehen voran... der Präsident hat seine Entscheidung getroffen.“
Indem er öffentlich erklärt, das Weiße Haus werde diese überparteiliche Resolution der Senatoren Biden, Hagel und Levin mißachten, schafft der Vizepräsident selbst die Bedingungen für einen Sturm, der ihn aus dem Weißen Haus fegen kann.
Die Aufdeckung der Rolle Cheneys im Fall Libby und seine Mißachtung der verfassungsmäßigen Befugnisse des Kongresses bietet nun der Familie Bush, die Cheney vor sechs Jahren angeheuert hatte, um George W. Bush auf seine Präsidentenrolle vorzubereiten, eine Gelegenheit, zu intervenieren, um ihn loszuwerden.
Lyndon LaRouche definierte am 27. Januar in einer Rede vor Mitgliedern der LaRouche-Jugendbewegung in Houston (Texas) die unmittelbare Aufgabe für alle, die Amerika retten und verhindern wollen, daß Vizepräsident Dick Cheney einen neuen Krieg gegen den Iran beginnt: Man muß Cheney sofort aus dem Amt entfernen. LaRouche sagte: „In wenigen Wochen werden wir vor einem großen Kampf stehen. Wir müssen es schaffen, erst Cheney loszuwerden, dann Bush in eine ,bequeme Pensionierung' zu schicken, einen neuen Vizepräsidenten einzuführen, der der nächste Präsident werden soll, um eine verfassungsmäßige Nachfolge zu erleichtern. Denn man muß schnell etwas tun. Zwingt den Vizepräsidenten zum Rücktritt und holt sofort einen neuen Vizepräsidenten herein. Wenn der neue Vizepräsident im Amt ist, kann man den Präsidenten austauschen. Dann haben wir eine neue Präsidentschaft, eine präsidiale Führung mit einer sehr starken Basis in den maßgeblichen Ausschüssen des Repräsentantenhauses. Dann können wir etwas tun!“ Das politische Establishment diskutiere bereits darüber, wer als Ersatz für Cheney in Frage kommt.
Entscheidend für die Frage, ob der Kongreß ein Absetzungsverfahren (Impeachment) einleiten wird, sind weniger die Rechtsbrüche des Vizepräsidenten als die Einsicht des Kongresses, daß er erstens die Regierung unbedingt an weiteren katastrophalen Militärabenteuern hindern und zweitens mit der radikalen Freihandels- und Privatisierungspolitik brechen muß. In beiden Punkten zeichnet sich schon nach wenigen Wochen im neuen Kongreß ein überparteilicher Konsens für einen Richtungswechsel ab. Dies ist auch keine Frage von Parteipolitik oder Rache, sondern des nationalen Interesses. Jetzt, da ein zweites Flugzeugträgergeschwader auf dem Weg zum Persischen Golf ist und das Weiße Haus täglich neue Drohungen gegen den Iran ausstößt, wird rund um die Welt zunehmend erkannt, daß die Absetzung Cheneys der einzige sichere Weg ist, den geplanten Angriff auf den Iran abzuwenden, denn Cheney leitet das „Team“ und die Politik für einen Regimewechsel im Iran.
In beiden Kammern des Kongresses gab es eine Flut von Anträgen, um der Regierung eine Verstärkung der Truppen im Irak (die zunehmend als Aufmarsch gegen den Iran verstanden wird) und einen Angriff auf den Iran zu untersagen bzw. unmöglich zu machen. Diese Bestrebungen reichen bis hin zu einem Antrag, die Ermächtigung zum Einsatz militärischer Gewalt im Irak als „erledigt“ zurückzunehmen und eine Frist für einen Rückzug der US-Truppen aus dem Irak zu setzen. Ein entscheidender Aspekt dabei ist, daß diese Anträge meist von Abgeordneten beider Parteien gemeinsam eingebracht wurden, was deutlich macht, daß im Kongreß ein breiter überparteilicher Konsens herrscht, daß der Kurs geändert werden muß. Das gleiche Phänomen zeigt sich auf wirtschaftspolitischem Gebiet, etwa in der Debatte über die notwendige Wiederherstellung der amerikanischen Infrastruktur (siehe hierzu den nebenstehenden Bericht).
Die „Experten“ - insbesondere solche, die Cheneys Politik nahestehen - hatten die Linie ausgegeben, die Amtsenthebung sei „vom Tisch“, weil der Vizepräsident als „verfassungsmäßig gewählter Beamter“ nur aus dem Amt scheiden könne, wenn er wegen Straftaten angeklagt werde oder indem er freiwillig zurücktrete. Aber am 23. Januar änderte sich die Lage dramatisch, als Sonderankläger Patrick Fitzgerald im Prozeß gegen Lewis Libby seine Anklageschrift verlas, worin er erklärte, Cheney habe Libby in einem handschriftlichen Memorandum angewiesen, Wilson zu diskreditieren. Fitzgerald enthüllte nicht nur, daß dieses Memorandum existiert, er warf Libby auch vor, er habe das belastende Beweisstück verschwinden lassen. Aber dank moderner Methoden zur Wiederherstellung von Computerdateien sowie Aussagen von Zeugen, die von der Existenz dieses Memorandums wußten, konnte Fitzgerald es als Beweisstück nutzen.
Nun müssen sich alle, die behauptet hatten, die Absetzung sei „vom Tisch“, fragen lassen, wie im Watergateskandal das Gerichtsverfahren gegen Präsident Nixons Mitarbeiter Haldeman, Ehrlichman usw. ausgesehen hätte, wenn eine handschriftliche Notiz Nixons vorgelegt worden wäre, in der dieser sie angewiesen hätte, in das Büro seines demokratischen Gegenkandidaten George McGovern einzubrechen?
Insidern aus Washington zufolge könnte die Familie Bush den entscheidenden Anstoß geben, Cheney zu stürzen, und auch die Medien spekulieren bereits über ein solches Szenario. Am 25. Januar sendete der Moderator der beliebten MSNBC-Talkshow „Countdown“, Keith Olberman, einen fünfminütigen Bericht mit dem Titel „Sollte Cheney gehen?“ Darin hieß es, der frühere Außenminister James Baker III, ein langjähriger Freund und Mitarbeiter der Familie Bush, habe vergeblich versucht, zu verhindern, daß Cheney für George W. Bush zur Katastrophe wird. Olberman begann seine Sendung mit der Bemerkung: „Ein anderer Freund unserer Sendung, Craig Crawford, hat heute berichtet, daß James Baker nicht nur die Irak-Studiengruppe leitet, sondern auch einen privaten Vorstoß unternahm, den Präsidenten dem Einfluß und der Ideologie des Herrn Cheney zu entziehen, und letztendlich scheiterte, wenn man davon ausgeht, was der Präsident jetzt, im Lichte der Baker-Kommission betrachtet, im Irak vorhat...“
Nun hört man im Kongreß und in der Washingtoner Politik immer öfter die Worte: „Es ist an der Zeit...“ Man hört sie in Appellen von Republikanern an die Regierung, durch Cheneys Entfernung die Partei und Bushs Ansehen zu retten. Und man hört sie bei öffentlichen Anhörungen im Kongreß, wie der des Außenpolitischen Senatsausschusses, der am 24. Januar für die Resolution von Biden, Hagel und Levin gegen Bushs Truppenverstärkung im Irak stimmte. Die Senatoren sagten: „Es ist an der Zeit“, daß der Kongreß entschlossen Maßnahmen treffen muß - etwa, die Zahl der Truppen, die Bush in den Irak entsenden darf, zu begrenzen, oder die Gelder für den Krieg zu kürzen und so die Macht des Kongresses „über das Portemonnaie“ spüren zu lassen.
„Warum wurde eigentlich nicht der Vizepräsident angeklagt?“ Das war unter Insidern die häufigste Frage, die man sich in Washington nach dem ersten Tag des Prozesses gegen Cheneys Ex-Bürochef Libby vertraulich stellte. Offenbar wollte Fitzgerald keinen Einfluß auf den Ausgang der Kongreßwahl im November nehmen, indem er vor der Wahl einen solchen Schritt wagt. Aber dieses Hindernis besteht nun nicht mehr.
Schon nach drei Prozeßtagen war klar, daß Cheney selbst durch die Enttarnung von Wilsons Ehefrau Valerie Plame Wilsons Diskreditierung betrieb. Das belegte auch eine Aussage von Cheneys damaliger Sprecherin, Cathie Martin. Sogar die regierungseigene und stets regierungstreue Nachrichtenagentur Voice of America (VOA) nahm Cheney ins Visier. Am 26. Januar identifizierte die Agentur in einem höchst ungewöhnlichen, nur mit „von VOA News“ unterzeichneten Artikel Cheney als den Mann, der die Kampagne gegen Ex-Botschafter Wilson „persönlich lenkte“: „Eine frühere Sprecherin von Vizepräsident Dick Cheney erklärt, sie habe Cheney und seinen ehem. Stabschef Lewis ‚Scooter' Libby über die Identität einer CIA-Agentin informiert, die mit einem Kritiker der Bush Administration verheiratet ist. Martin sagte aus, sie habe Cheney und Libby über Plames Identität informiert, nachdem sie von CIA-Beamten davon erfahren hatte. Sie erklärt auch, daß Cheney persönlich die Aktivitäten zur Diskreditierung von Wilsons Behauptungen lenkte“, schrieb VOA.
Abgesehen davon, daß die Zeugenbefragungen in den ersten Prozeßtagen die Beweise dafür erhärteten, daß Libby stets im Auftrag des Vizepräsidenten handelte, nahm Fitzgerald diese Befragungen zum Anlaß, dem Gericht neue Beweise vorzulegen, die eindeutig klarstellen, daß Libby die Staatsanwaltschaft und die Grand Jury belogen hat. Die Zeugen beschrieben, wie sehr sich Libby über Wilsons Kritik aufregte, was seine frühere Behauptung, er könne sich an Diskussionen über Wilson nicht erinnern, völlig unglaubwürdig machte. Auch die Zeugenaussagen, Libby habe etliche Gespräche über Wilsons Ehefrau und den Status ihrer CIA-Mitarbeit geführt, entlarvten Libbys Aussage, er sei über Plames Aktivitäten für die CIA erst von dem NBC-Korrespondenten Russert informiert worden, als Meineid. Der Prozeß wird noch vier bis sechs Wochen dauern.
Michele Steinberg/Alexander Hartmann
Lesen Sie hierzu bitte auch:
Kongreß debattiert Ausweg aus der „Globalisierung“ - Neue Solidarität Nr. 6/2007 Hedgefonds kannibalisieren Autoindustrie - Neue Solidarität Nr. 6/2007 Internetseite des LaRouche-Aktionskomitees - in englischer Sprache |
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