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Aus der Neuen Solidarität Nr. 51-52/2007

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EU-AU-Gipfel: Wieder eine historische Chance verspielt!

Von Helga Zepp-LaRouche,
Bundesvorsitzende der Bürgerrechtsbewegung Solidarität

Das oftmals verschobene Gipfeltreffen zwischen der EU und der AU in Lissabon am 7. und 8. Dezember hätte genutzt werden können, um eine wirkliche Entwicklungsstrategie für Afrika auf die Tagesordnung zu setzen. Aber statt dessen setzte Bundeskanzlerin Merkel ihre verhängnisvolle Politik fort, ausländische Staatschefs mit ihren Lektionen über Menschenrechte und Regierungsführung zu provozieren; diesmal mußte es natürlich Präsident Mugabe von Zimbabwe sein.

Nachdem ihr diesbezügliches schulmeisterliches Verhalten bereits die Beziehung zu Rußland und China empfindlich verschlechtert hatten, und Vertreter der deutschen Industrie sie auf die dramatischen Auswirkungen für die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen hinweisen mußten, ist der Schaden, den sie nunmehr angerichtet hat, keineswegs geringer. Denn gerade zu einer Zeit, in der sich eine ganze Reihe von afrikanischen Staatsführern mit neuem Selbstbewußtsein an den Versuch heranmachen, Afrika wirtschaftlich ernsthaft voran zu bringen, wäre es eine goldene Gelegenheit für Europa gewesen, durch eine Wirtschaftspolitik, die die tatsächlichen Interessen Afrikas berücksichtigt, die Basis für eine gleichberechtigte Partnerschaft zu legen.

Statt dessen attackierte sie in ihrem Einführungsreferat Präsident Mugabe und warf ihm vor, er schüchtere Andersdenkende ein, behindere die unabhängige Presse und schade dem Bild des neuen Afrika. Die Antwort Mugabes kam postwendend, wurde aber in den deutschen Medien so gut wie ganz unterdrückt. Gordon Browns Viererbande (Deutschland, Holland, Schweden und Dänemark) wiederhole nur die britische  Propagandalinie mit ihren aufgebauschten Vorwürfen und setze sich mit den Anschuldigungen angeblicher Menschenrechtsverletzungen in völligen Gegensatz zu der Position der Southern African Development Community (SADC), der 14 Staaten angehören, und der AU. Ob die Kanzlerin wirklich meine, sie könne die Lage in Zimbabwe besser beurteilen als die SADC? Gordon Brown sei bei dem Gipfel nicht anwesend gewesen, aber seine Lautsprecher hätten nicht aus freiem Herzen gesprochen, sondern nur das, was man in Downing Street 10 hören wolle. Und offensichtlich seien die Briten die Herren der Deutschen.

Im völligen Gegensatz zu der unwahren Berichterstattung in den deutschen Medien, die behaupteten, Mugabe sei völlig isoliert gewesen, stellten sich die afrikanischen Präsidenten zu seiner Verteidigung hinter ihn. Präsident Kufuor von Ghana erklärte, die AU unterstütze die Vermittlungsbemühungen des südafrikanischen Präsidenten Mbeki zwischen der Regierung und der Opposition in Zimbabwe, eine einheimische Lösung könne am ehesten zu Normalität und guter Regierungsform führen, Einmischung von außen sei nicht hilfreich. Präsident Wade von Senegal betonte, er habe vor Ort mit der Opposition in Zimbabwe gesprochen, und offensichtlich sei Frau Merkel falsch informiert.

Das Thema bei diesem Gipfel war aber nicht nur Zimbabwe, und das wurde an der Ablehnung der von der EU vorgeschlagenen Freihandelsabkommen (EPAs) deutlich. Wie Präsident Wade unterstrich, würden diese Vereinbarungen von den meisten afrikanischen Führern abgelehnt, weil sie nicht dem afrikanischen Interesse dienten. In der Tat würde die schrittweise Senkung und endliche Abschaffung der Schutzzölle gegenüber europäischen Exporten die sich gerade zaghaft entwickelnden Industrien in den afrikanischen Staaten zerstören. Präsident Mbeki fügte hinzu, daß die EPAs nicht dazu beitrügen, die Armut zu bekämpfen. Der Präsident der AU, Alpha Oumar Konaré, brachte es auf den Punkt: die EU müsse ihre kolonialistische Herangehensweise aufgeben, für die Reichtümer Afrikas müsse ein fairer Preis bezahlt werden.

Wie groß die Verärgerung in Zimbabwe war, wurde an einer Erklärung des dortigen Informationsministers Ndlovu deutlich, der u.a. unmißverständlich sagte, Zimbabwe sei keine Kolonie Deutschlands, und es handele sich um Rassismus erster Klasse bei der deutschen Kanzlerin, die zusammen mit einigen anderen europäischen Staatschef neben Mugabe wie Zwerge gewirkt  hätten. Deutschland brauche einen wirklichen Führer wie Otto von Bismarck, der für die Vereinigung Deutschlands gekämpft habe und dafür, Ungerechtigkeiten zu beseitigen, und Frau Merkel solle die Geschichte studieren.

Auch wenn einige weitere Äußerungen Ndlovus über Frau Merkel zu weit gingen, provoziert hat sie die ganze Angelegenheit selbst. Offensichtlich fehlt ihr oder ihren Beratern jegliches Gespür dafür, daß für Zimbabwe und den afrikanischen Kontinent die Erinnerung an die Erringung der Unabhängigkeit vom Britischen Empire noch sehr frisch ist, denn Zimbabwe wurde erst 1980 unabhängig. Die Erinnerung an den Rassismus Cecil Rhodes, der Afrika ganz von schwarzen Menschen entvölkern und nur mit Weißen besiedeln wollte, und an die rassistische Regierung von Ian Smith sind noch sehr lebendig. Und der Grund, warum die SADC und die AU Präsident Mugabe unterstützen, liegt darin, daß die Verschlechterung der wirtschaftlichen Bedingungen in Zimbabwe vor allem auf die von Großbritannien aufgezwungenen Sanktionen zurückgeht, das seit der Unabhängigkeit eine Vendetta gegen Zimbabwe verfolgt.

Das Resultat dieser Angelegenheit ist auf jeden Fall, daß die Chance, Afrika wirklich bei seiner Entwicklung zu unterstützen und damit einiges von dem Unrecht zu beseitigen, das die verschiedenen Kolonialherren und Sklavenhändler in den vergangenen 500 Jahren gegenüber diesem Kontinent begangen haben, vertan wurden. Das Bild Europas hat gelitten, und dem Interesse Deutschlands ist mit Sicherheit nicht gedient worden.

Und hat Mugabe recht, daß die Briten die Herren der Deutschen sind? Ehe man jetzt diese Frage als völlig hanebüchen abtut, sollte man folgendes bedenken: Auf der gleichen Linie wie Frankreich ist Deutschland gegenwärtig jedenfalls nicht, denn während Frau Merkel ein diplomatisches Porzellan nach dem anderen zerdeppert, zieht Präsident Sarkozy ein Milliardenabkommen nach dem anderen an Land, mit Rußland, mit China, mit afrikanischen Ländern. Und auch mit Italien ist Frau Merkel nicht konform, aber sie hat sich sehr wohl in dem Konflikt auf die Seite Gordon Browns gestellt. Es wäre nicht das erste Mal in der Geschichte, daß Großbritannien daran arbeitet, Deutschland in die Selbstzerstörung zu treiben.

Für die Zukunft bleibt, daß wir zu den Prinzipien des Westfälischen Friedens zurückkehren, d.h. die Außenpolitik auf das Interesse des Anderen gründen müssen, auf Agape, auf Nächstenliebe. Das bedeutet, daß z.B. Deutschland Afrika darin unterstützen sollte, den NEPAD-Plan zu verwirklichen, ein Infrastrukturnetz aufzubauen, in wirkliche industrielle Entwicklung zu investieren, einen New Deal für den ganzen Kontinent zu unterstützen.

Es gehört seit langem zu den Überzeugungen der Autorin, daß die Haltung Europas Afrika gegenüber ein Gradmesser dafür ist, ob wir selber moralisch überlebensfähig sind. Denn wenn wir zu engherzig sind, Afrika bei der Überwindung seiner zum größten Teil fremdinduzierten Probleme zu helfen, dann fehlt uns auch der Mut des Herzens, mit unseren eigenen Problemen fertig zu werden. Zum Glück ist Frau Merkel nicht die einzige Repräsentantin Deutschlands.

Lesen Sie hierzu bitte auch:
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